131: Die neue Ausgabe von Jazz thing
„,Das Ende des Jazz-Patriarchats‘ wird auf unserer Titelseite verkündet“, schreibt Jazz-thing-Herausgeber und -Chefredakteur Axel Stinshoff im Editorial der 131. Ausgabe seines Magazins – und betont: „Ob das wirklich unmittelbar bevorsteht, sei dahingestellt – wir freuen uns jedenfalls sehr, mit Terri Lyne Carrington mal wieder eine spannende und noch dazu überaus engagierte Künstlerin als Titelheldin zu haben.“ Social Science heißt das neue Projekt der Schlagzeugerin, die 1965 geboren wurde und seit 2018 Leiterin des neueingerichteten Instituts „Jazz And Gender Justice“ am Berklee College Of Music in Boston ist. Sie weiß also, welche Themen sprichwörtlich unter den Nägeln brennen. Die greift sie nun mit ihrer neuen Band auf „Waiting Game“ (Motéma/Rough Trade) auf und behandelt diese von der Warte einer kreativen und politisch wachen Jazzmusikerin aus den USA von Heute: Donald Trump etwa, aber auch Polizeigewalt, LGBTQ-Rechte, „Gender Equality“, politische und andere Gefangene.
Blickt man auf die weiteren Themen in der neuen Ausgabe von Jazz thing, so kann man aber tatsächlich den Eindruck gewinnen, dass das von Carrington postulierte Ende des Jazz-Patriarchats mehr Wunsch als Wirklichkeit ist. Wahrscheinlich spiegeln aber die Protagonisten, die in der Ausgabe 131 porträtiert werden, einfach nur die weiterhin beherrschende, männliche Dominanz im Jazz wider. „Ein ,Patriarch‘ im besten Sinne – nämlich in jenem, dass er für den deutschen und europäischen Jazz seit Jahrzehnten eine Art Vaterfigur darstellt – ist der gerade 90 gewordene Rolf Kühn, der Auskunft über die Musik(er) gibt, die sein Leben verändert haben (Spoiler: Eine Frau ist nicht darunter)“, schreibt Stinshoff selbstironisch augenzwinkernd – und „ganz unzweifelhaft eine Jungsbande ist Shake Stew, DIE Band der letzten drei Jahre, die mit ihrem neuen Album die Latte noch einmal höher gelegt hat.“
Weitere (Männer-)Themen sind unter anderem mit Dave Holland und Michael Kiwanuka, mit Ron Carter und Louis Sclavis, von Roberto Fonseca, Habib Koité, Bill Laurence, Eric Truffaz und Bill Frisell. Über zwei Frauen sind dann doch noch größere Stories im Heft (neben natürlich weiteren Intro-Geschichten und Rezensionen über Musikerinnen): über die junge, polnische E-Bassistin Kinga Glyk und die amerikanische Sängerin Jean Carn. Darüber hinaus hat der Kölner Pianist Pablo Held für die fünfte Folge seiner Gesprächs-Reihe „Conversations“ den amerikanischen Gitarristen John Scofield getroffen und im Mittelpunkt von Folge 85 unserer Interviewserie „Produktivkräfte der Musikwelt“ steht der Franzose François Zalacain, der seit 40 Jahren in New York lebt und dort sein Independent-Label Sunnyside betreibt. All das und vieles mehr gibt es in der neuen Ausgabe von Jazz thing, die ab dem 29. Oktober am Kiosk ist.
Weiterführende Links
„Contents“ Jazz thing 131