viral/postviral: Neue Texte im Blog
viral/postviral[/caption]Streaming-Konzerte: nur ein zeitlich begrenztes Online-Phänomen für den Lockdown, mit dem sich Jazzmusiker*innen während des Verbots von Veranstaltungen kreativ ausleben und weiterhin Kontakt mit „ihrem“ Publikum halten können? Oder doch der Anfang von etwas Neuartigem, um auch im Jazz mit den Möglichkeiten des Digitalen zu experimentieren und sich auf die Suche nach dem Analogen im Digitalen zu machen? Zwei unserer Blog-Autoren, Ralf Dombrowski und Stefan Hentz, haben sich für „viral/postviral“ dieses Themas aus unterschiedlicher Perspektive genähert. Dombrowski hat als Fotograf das Streaming-Konzert mit dem Pianisten Chris Gall in der Münchner Unterfahrt besucht und schildert uns in „Das neue Live“ seine Eindrücke: „Die Dramaturgie des Konzerts ist portioniert, songorientiert, die Bögen sind kürzer. Der Künstler ist sich selbst überlassen, trotz Datenleitung in die Welt, und moderiert mehr als sonst, weil das Nonverbale der direkten Kommunikation mit dem Publikum fehlt.“ Hentz hat wiederum mit dem Vibrafonisten, Komponisten und Leiter des Jazzstudiengangs an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg, Wolf Kerschek, gesprochen, der die Plattform „Hamburg Stream“ mitgegründet hat und seitdem regelmäßig Streaming-Konzerte aus seinem Heimstudie in die digitale Welt ausstrahlt: „Ich finde auch spannend, dass wir jetzt mal dazu kommen, neue Dinge auszuprobieren und zu gucken, wieweit wir damit kommen“, stellt Kerschek in „Zwischending in Zwischenzeiten“ fest: „Mit jedem Stream lernen wir etwas Neues, was die Präsentation angeht, wie wir mit Licht oder der Art, wie wir mit Bildern umgehen, wie wir auch in dieser Situation Konzertatmosphäre vermitteln können.“
Dann ist auch noch der zweite Teil unseres Jazz-thing-Lockdown-Roundtable-Gesprächs in „viral/postviral“ erschienen: „Krise als Auftrag“. Nachdem die Beteiligten im ersten Teil ihre persönlichen Erfahrungen mit dem Lockdown geschildert haben, geht es im zweiten Teil um die Frage der gesellschaftlichen Folgen und der Konsequenzen für die Jazz-, Musik- und Kunstszene allgemein. „Wie definiert sich denn eine Gesellschaft?“, hat die Pianistin Julia Hülsmann in die Runde gefragt: „Die Kultur, die in einer Gesellschaft entsteht, ist genauso wichtig wie alles andere. Was wir jetzt erleben, funktioniert wie ein Pausenschalter, und das ist gefährlich.“ Stefanie Marcus von Traumton Records verweist auf die Gewerkschaften als Schulterschluss in der Krise: „Im Grunde bräuchten wir die Gewerkschaft. Alle Musiker, überhaupt alle Soloselbständigen sollten die Gewerkschaft wahrnehmen. Das ist so wahnsinnig unmodern geworden, aber es wäre gut.“ Steffen Wilde vom Jazzclub Tonne in Dresden nennt ein positives Beispiel für solidarisches Handeln im Lockdown: „Dass dieser Schulterschluss funktionieren kann, hat das Clubnetz in Dresden gezeigt. Da sind 15 Clubs aus allen Sparten vereint. Wir als Jazzclub gehören ebenso dazu wie die größeren Rock/Pop-Liveclubs bis hin zu den Techno-Clubs. Das Geld, das da über Spenden zusammenkam, ist das Einzige, was die Tonne bisher bekommen hat.“ 70.000 Euro hat das Dresdener Clubnetz in seiner vierwöchigen Spendenaktion eingesammelt.
Weiterführende Links
„viral/postviral“