RIP: Jon Hassell
Sein stilistisches Amalgam nannte der Trompeter und Komponist Jon Hassell „Fourth World“. „Mein Ausdruck ,Fourth World‘ umschreibt ein sinnliches Koordinatensystem, in dem sich für die Balance zwischen uralter Weisheit und neuesten Technologien organische Formen finden lassen“, erläutert der 1937 in Memphis, Tennessee, geborene Hassell. Schon als Jugendlicher interessierte er sich für Jazz, allen voran für den Cool Jazz, doch er studierte klassische Musik an der „Eastman School Of Music“ in Rochester, bevor er nach Köln zog, wo er sich von Karlheinz Stockhausen weiter ausbilden ließ. Ab Mitte der 1960er-Jahre war er wieder zurück in den USA, wo er einer Gruppe von Minimal-Music-Komponisten um La Monte Young angehörte, bevor er sich in klassischen indischen Gesang unterrichten ließ.
Auf seinem Album „Vernal Equinox“1977 wandte Hassell auf der Trompete die indischen Gesangstechniken an, wie er sie zuvor gelernt hatte. „Ab 1973 war ich total in das Raga-Spielen auf der Trompete vertieft“, so Hassell. „Mein Ziel war es, eine Musik zu machen, die vertikal so verläuft, dass sich zu keinem Zeitpunkt ein Element einem bestimmten Musikgenre zuordnen lässt.“ Im Laufe seiner langen Karriere wurde der Komponist und Interpret Jon Hassel zum Vorbild unter anderem für Brian Eno, David Sylvian und Peter Gabriel, seine Verwendung von Elektronik zur Klangverfremdung seines Trompetentons ließ ihn wiederum für jüngere Instrumentalkollegen interessant werden – wie beispielsweise für Arve Henriksen oder Nils-Petter Molvær. Hassell veröffentlichte zahlreiche Alben unter eigenem Namen – zuletzt „Seeing Through Sound“ 2020 –, auf denen er seine Stil-Fusion stets weiterzuentwickeln wusste. Am 26. Juni ist Jon Hassell im Alter von 84 Jahren gestorben.
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