RIP: Gerd Dudek
Als junger Mann muss Gerd Dudek gewusst haben, wie es sich gut lebt, Ende der 1950er-, Anfang der 60er-Jahre. Gelernt hat er den Beruf des Bauzeichners, doch geliebt hat er schon als Teenager die Klarinette und später das Tenorsaxofon. Mit Anfang 20 „hörte man auch Rock‘n'Roll, Little Richard, sah die Filme, alles saugte man auf“, erzählte er unserem Redakteur Götz Bühler, als dieser ihn 2013 für die Jazz-thing-Artikel-Reihe „European Jazz Legends“ in Köln traf. Dudek, 1938 in Großdöbbern bei Breslau in Schlesien geboren und mit seiner Familie 1950 nach Westdeutschland in die junge Bundesrepublik gekommen, ließ als junger Mann selten etwas unversucht: Er spielte modernen Jazz in den GI-Clubs der amerikanischen Besatzer, blies aber auch bei Fats & His Hot Cats ein heißes Horn. Frankfurt am Main wurde dann für den jungen Jazz-Saxofonisten ein stilistisch-ästhetischer Bezugspunkt: „Frankfurt war die Jazzstadt Nr. 1, das Mekka – für den modernen Jazz“, so Dudek. „Wenn man nicht in Frankfurt war damals, war man nirgends.“
Bis 1965 war Dudek Angestellter im Orchester von Kurt Edelhagen. Mit diesem Ensemble des Westdeutschen Rundfunks spielte er als Tenorist in der Regel gepflegte Unterhaltungsmusik für Funk und Fernsehen. In dieser Zeit begegnete er auch einmal John Coltrane, als der afroamerikanische Tenorsaxofonist während einer „Jazz At The Philharmonic“-Tournee für ein Studiokonzert in Düsseldorf Station machte. Dudek war zudem im Manfred Schoof Quintett zu hören und gehörte 1966 zu den Gründungsmitgliedern vom Globe Unity Orchestra. „Man fuhr Sportautos – ich selbst einen Opel Kapitän“, erinnert er sich. „Manfred Schoof und die anderen in dem Jazzquintett studierten noch. An freien Tagen fuhren wir mit dem Kapitän nach München und spielten dort.“ Später unternahm Dudek mit den German All Stars eine Südamerika-Tournee und war ab 1971 für eine Weile mit dem Albert Mangelsdorff Quintett unterwegs.
Dudeks geografischer Mittelpunkt seitdem ist Köln. In dieser Stadt am Rhein wandelte er sich vom bilderstürmerischen Avantgardisten zum straight-ahead spielenden Mainstream-Jazzer, ohne dass er Reputation oder Ansehen verlor. Mit seiner eloquenten Phrasierungskunst und seinem gleichermaßen voluminösen wie dynamisch ausdifferenzierten Ton auf dem Tenor- und Sopransaxofon war Dudek oft in den Bands des Viersener Bassisten Ali Haurand dabei, arbeitete als Gastsolist für die WDR Big Band und spielte zudem mit jüngeren Musiker/-innen aus Köln und Umgebung – wie zum Beispiel mit den Pianisten Martin Sasse oder Stefan Heidtmann. Am 3. November ist Gerd Dudek wenige Wochen nach seinem 84. Geburtstag gestorben. Text Martin Laurentius