Schweiz: OM@50
Was waren das für wild-chaotische, aber auch kreativ-fruchtbare Jahre ab Ende der 1960er in der Musik. Der Jazz zum Beispiel hatte sich elektrifiziert und gegenüber Rock- und Popmusik, Soul und Funk geöffnet. Alben wie etwa „In A Silent Way“ oder „Bitches Brew“ von Miles Davis waren beispielhaft für die erfolgreiche Fusion verschiedener Stilistiken und haben den Weg frei gemacht für Musiker, die ihrem Bandleader folgen wollten – für einen John McLaughlin zum Beispiel, oder für Herbie Hancock, Chick Corea, Joe Zawinul und Wayne Shorter. Auch in Europa fand der Jazz-Rock einen Nährboden – in Großbritannien beispielsweise mit der Band Colosseum, in Deutschland mit dem Gitarristen Volker Kriegel und dem Dave Pike Set.
In der Schweiz kamen 1972 der in Irland geborene, seit seiner Kindheit in Luzern lebende E-Gitarrist Christy Doran, der Saxofonist, Urs Leimgruber, der Bassist Bobby Burri und der Schlagzeuger Fredy Studer für ein Engagement am Stadttheater Luzern als Quartett zusammen, erst unter dem Namen Superflex, dann, beeinflusst von John Coltranes gleichnamiger Platte, als OM. Damals beschrieben die vier Musiker das, was sie mit ihrer Band OM spielten, als „ElectricJazzFreeMusic“. In dieser Beschreibung fand sich jedenfalls vieles von dem wieder, was OM bis 1982 live auf der Bühne und im Studio ausgezeichnet hatte: ein Klang-Hybrid aus zeitgenössischem Jazz, freier Improvisation und Rock, durch den sich breite Schlieren elektronischer Musik zogen.
Nach zehn Jahren war dann vorerst Schluss. Jeder der vier OM-Musiker folgte eigenen Wegen, mit Luzern aber als gemeinsamen geografischen Mittelpunkt. Ein Konzert 2006 aus Anlass einer Ausstellung über die 1960er- und ’70er-Jahre im Naturmuseum in Luzern funktionierte so gut, dass Doran, Leimgruber, Burri und Studer beschlossen, als OM wieder zusammen zu kommen. Und erneut fanden die vier Musikerfreunde mit „ElectroAcoustiCore“ eine passende Beschreibung dafür, um intuitiv und ohne Umweg über den Intellekt ihre performative, rituell-spirituelle Improvisationsmusik zu spielen.
Am vergangenen Freitag ist das Geburtstagsalbum dieses Quartetts aus der Schweiz erschienen: „OM 50“ (Intakt/Harmonia Mundi). Am 22. August ist der OM-Schlagzeuger Studer gestorben. Die drei verbliebenen OM-Musiker haben daraufhin entschieden, den 50. Geburtstag ihrer kollektiv geleiteten Band „In Memoriam Fredy Studer“ zu begehen – mit drei CD-Release-Konzerten am 14., 15 und 16. Oktober im Luzerner The Space, gefolgt von einer Art Prolog-Festival am 4. und 5. November im Südpol Luzern, bevor am 16. November eine mehrwöchige Tournee durch Europa beginnt – mit Gerry Hemingway und Tony Buck, die sich die Schlagzeugposition teilen werden.
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