RIP: Pharoah Sanders

Pharoah SandersPharoah SandersDas Stück „The Creator Has A Masterplan“ vom Album „Karma“ (Impulse!/Universal) 1969 ist so etwas wie sein Signature-Song geworden. Dieses gut 32 Minuten lange Stück mit dem Sänger Leon Thomas enthält alles, was den afroamerikanischen Musiker Pharoah Sanders zeitlebens ausgezeichnet hat: Die Kunst, das Tenorsaxofon so klingen zu lassen, dass die eigene Emotionalität ohne Umwege über den Intellekt zum Ausdruck kommt. Es zeigt auch, was das vielbeschworene „New Thing in Jazz“ dieser Zeit, was die freie Improvisation afroamerikanischer Prägung der späten 1960er-Jahre zu leisten imstande war – mit Sanders‘ Ton auf dem Tenorsaxofon, der unverkennbar nach ihm klingt und in dem sich gleichsam die Erfahrungen der Menschheit per se kulminieren: das Feiern des eigenen Sounds als innerste Dringlichkeit des kreativen Seins.

Ferrell „Pharoah“ Sanders wurde 1940 in Little Rock, Arkansas, geboren. Als Kind lernte er Klarinette, auf der High School wechselte er zum Tenorsaxofon. Nach einem Musikstudium im kalifornischen Oakland zog er Anfang der 1960er-Jahre nach New York, wo er unter anderem Sun Ra kennen lernte, in dessen Arkestra er kurz spielte. Dass es dieser kauzige Orchesterleiter gewesen sein soll, der ihn als erster „Pharoah“ genannt hat, streitet er allerdings ab. „Irgendjemand schrieb mal, Sun Ra hätte mir meinen Namen gegeben“, so Sanders im Gespräch mit dem Jazz-thing-Autor Wolf Kampmann vergangenes Jahr: „Das war eine völlig freie Erfindung. Ich habe nur eine ganz kurze Zeit mit Sun Ra zusammengespielt, und das war’s.“

Durch sein Quartett mit John Hicks (Piano), Wilbur Ware (Bass) und Billy Higgins (Drums) wurde John Coltrane auf Sanders aufmerksam und holte den Tenoristen sowohl in sein Quartett als auch später zu den Aufnahmesessions für „Meditations“ und „Ascension“. Nach dessen Tod 1967 war Sanders eine/-r der afroamerikanischen Musiker/-innen, der im Geiste Coltranes den freien Jazz weiterentwickelte, ihn harmonisch über die Grenzen der Tonalität hinaus führte und gegenüber der Spiritualität der Musik Afrikas und Asiens öffnete.

In den zurückliegenden Jahrzehnten blieb Sanders ein Suchender und Forschender, der sich auf jedes Abenteuer und Experiment einzulassen wagte. Diese Eigenschaften zeigten sich zuletzt 2021, als er auf dem Album „Promises“ (Luaka Bop/Indigo) mit dem britischen Elektro-Musiker Sam Shepherd alias Floating Points und dem London Symphony Orchestra zu hören war. Die neun Sätze dieser Suite variieren ein siebentöniges Thema, das aber erst durch Sanders‘ modulationsstarken Ton und eloquent-raumgreifende Phrasierung energetisch aufgeladen und kreativ verarbeitet wird. Am 24. September ist Pharoah Sanders in Los Angeles im Alter von 81 Jahren gestorben. Text Martin Laurentius

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