Film I: 6 Doin' Jazz

Emile Parisien & Theo CrokerÉmile Parisien & Theo CrokerAls die französische Regisseurin und Journalistin Solange Brousse fast am Schluss ihrer Film-Doku „6 Doin‘ Jazz“ die drei amerikanischen Musiker Theo Croker (Trompete), Joe Henry (Bass) und Nasheet Waits (Drums) fragt, welche Bedeutung für sie das Wort „Jazz“ habe, fallen deren Antworten grundverschieden aus. Für den Afroamerikaner Croker ist das Wort eine rassistische Zuschreibung, während für den weißen Amerikaner Henry Jazz vor allem als Freiheit besteht. Für den schwarzen Amerikaner Waits ist Jazz wiederum nichts weiter als ein Spitzname, unter dem sich verschiedene Formen menschlicher Kreativität subsumieren lassen.

Der französische Sopransaxofonist Émile Parisien, Bandleader dieses Sextetts mit den drei Amerikanern und seinen Landsleuten Manu Codjia (Gitarre) und Roberto Negro (Piano), hat auf diese Frage keine Antwort parat – zum einen, weil er seine Musik nicht kategorisieren möchte, zum anderen, weil er als Europäer nicht in der Tradition des afroamerikanischen Jazz groß geworden sei. Auf Brousses Nachfrage, was ihn dann als Improvisationskünstler auszeichnen würde, antwortet Parisien fast bescheiden: „Geschichten zu erzählen“. Diese Szene verdeutlicht jedenfalls, dass der 1982 im südfranzösischen Cahor geborene Parisien keine Fürsprache braucht – auch nicht von Siggi Loch, auf dessen ACT Music das Album „Louise“ dieses Sextetts erschienen ist.

Auch wenn es niemand der sechs Protagonisten in der knappen Stunde ausspricht, so geht es im Jazz ebenso wie im Zusammenspiel dieser sechs europäischen und US-amerikanischen Musiker auch und gerade um Community – darum nämlich, als Gemeinschaft etwas Kreatives zu erschaffen. Es ist dieser Prozess, wie im Lauf der Konzerte im französischen Ramatuelle und Paris, im bayrischen Schloss Elmau und im schweizerischen Basel aus den „6 Doin‘ Jazz“ eine echte Gemeinschaft werden kann, der diese Filmdoku sehenswert macht. Man spürt geradezu die Dringlichkeit der Musiker, wie sehr sie ihr Publikum an den erzählten Geschichten teilhaben lassen, um gemeinsam die Musik in den Himmel zu heben. Die rauschhaften Konzerte dieses Sextetts um Parisien werden durch die nüchterne Sprache der Bilder kontrastiert, erst dadurch wird aber das Sehen auch am Bildschirm zum Erlebnis.

Dass diese Filmdoku ab dem 19. Dezember 12 Uhr mittags kostenfrei auf Youtube zu sehen ist, hat seinen Grund, wie Brousse und der Produzent, Rémi Sanna, betonen: „Damit wollen wir verdeutlichen, dass Jazz noch immer cool, lebendig und zugänglich ist.“

Weiterführende Links
„6 Doin‘ Jazz“

Text
Martin Laurentius

Veröffentlicht am unter News

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