Instant Award: Tristan Honsinger / Delius & Lillinger

Tristan HonsingerTristan HonsingerDer von einem anonymen Mäzen und Musikliebhaber gestiftete „Instant Award In Improvised Music“ wird an herausragende, improvisierende Musiker/-innen verliehen, die einen mit 50.000 Dollar dotierten, nicht zweckgebundenen Geldpreis erhalten. Bisherige Preisträger/-innen waren unter anderem Peter Brötzmann, John Edwards, Milford Graves, Mats Gustafsson, Okkyung Lee, Arto Lindsay, Paul Lytton, Joe McPhee, Ikue Mori, Evan Parker, Alexander von Schlippenbach, Henry Threadgill und Nate Wooley. Die Gewinner 2023 wurden kürzlich bekannt gegeben: der Cellist Tristan Honsinger und das Duo Tobias Delius (Saxofon) und Christian Lillinger (Drums).

Der 73-jährige Honsinger ist seit seinem Umzug 1974 aus den USA nach Amsterdam eine feste Größe in der europäischen Improvisationsszene. Schnell etablierte er sich als gleichermaßen witziger wie todernster Cellist in der Welt der Improvisation und wurde zu einem Anker sowohl im niederländischen ICP-Universum als auch im deutschen FMP-Kosmos. Als Mitglied im ICP-Orchester und -Tentett spielte er regelmäßig mit Misha Mengelberg und Han Bennink und hatte zahlreiche langjährige Kooperationen mit Michael Moore oder Sean Bergin. Nach zahlreichen Auftritten in verschiedenen Berliner FMP-Veranstaltungen spielte Honsinger bei den mittlerweile legendären „Cecil Taylor in Berlin ‚88“-Konzerten mit. In den Liner-Notes von „Always A Pleasure“, der CD, die ein Konzert mit Taylors Ensembles und Honsinger dokumentiert, heißt es: „Honsinger spielt die Melodien, Honsinger spielt Ereignisschichten, und die Organisation dieser Ereignisse ist das wichtigste Kriterium für die Entwicklung dieser Musik.“

Delius wurde 1964 im englischen Oxford geboren und zog 1984 nach Amsterdam. Dort verfeinerte er seine Tenorsaxofon-Fähigkeiten, schloss sich 1989 Available Jelly an und gründete 1990 ein Quartett mit Han Bennink, Honsinger und zunächst Larry Fishkind, später Joe Williamson. All seine postmoderne Sensibilität für rücksichtslose Eskapaden in freien Formen fußt auf einem traditionellen Ton auf dem Tenor, der an Coleman Hawkins und Ben Webster erinnert. Seit 2007 lebt Delius in Berlin. Lillinger studierte bei Günter Baby Sommer. Für seine erste eigene Band Grund rekrutierte er 2008 auch Delius. Und wenn über die Renaissance Berlins als Improv-Hochburg gesprochen wird, dann muss man anerkennen, dass Lillinger der Dynamo ist, der diese Fülle an Möglichkeiten, in Berlin außergewöhnliche Musik zu erleben, immer weiter vorantreibt. Sein Duo mit Delius ist eine Begegnung von Gleichgesinnten, die Begeisterung, Witz und Referenzialität vermittelt.

Text
Martin Laurentius
Foto
Cristina Marx

Veröffentlicht am unter News

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