Potsdam: „I've Seen The Wall“

Louis Armstrong 1965Louis Armstrong 1965Mitten im Kalten Krieg ging Louis Armstrong auf Konzerttournee durch Osteuropa. 17 Auftritte spielte dieser weltberühmte Trompeter und Sänger mit seinen Allstars im März 1965 auch in der DDR. Allein zu den Konzerten in Ost-Berlin kamen 18.000 Menschen, insgesamt waren es mehr als 45.000 DDR-Bürger/-innen, die Armstrong damals live sehen wollten. Bei Armstrongs Ankunft in Ostberlin spielte ihm zu Ehren die „damals beste Dixieland-Band der DDR“ (O-Ton Karlheinz Drechsel) den Song „When It’s Sleepy Time Down South“, bei dem er selbst zum Mikrofon griff und mitsang.

Natürlich war diese Tournee durch die weltpolitische Lage geprägt – Mauerbau und Kubakrise lagen nur wenige Jahre zurück, der Wettlauf um die erste Landung auf dem Mond zwischen den USA und der Sowjetunion hatte gerade erst begonnen und in Asien führten die Vereinigten Staaten einen nichterklärten Krieg gegen das kommunistische Nord-Vietnam. Für die USA war Armstrong der erste Jazzmusiker, der gleichsam als Botschafter für die westliche Demokratie durch die Ostblock-Länder geschickt wurde, während das „Neues Deutschland“ diesen afroamerikanischen Musiker nach seiner Ankunft als „Vertreter des guten Amerikas“ beschrieb.

Dieser historische Moment ist Ausgangspunkt für die von Paola Malavassi und Jason Moran kuratierte Ausstellung „I‘ve Seen The Wall“ im MINSK Kunsthaus in Potsdam vom 16. September bis 4. Februar, mit der die Ambivalenz dieser offiziellen Einladung vor dem Hintergrund der Bürgerrechtsbewegung in den USA und dem Eisernen Vorhang in Europa thematisiert wird. „Zentrale Fragen in der Ausstellung sind: Was bedeutet es, durch die Welt zu touren und Unterdrückungssysteme und Diktaturen im Namen der Freiheit zu besuchen und unterwegs wiederholt Anerkennung und zugleich Rassismus zu erleben und dann nach Hause zurückzukehren, um gleich wieder mit Rassismus konfrontiert zu werden?“, heißt es in der Ankündigung.

Armstrongs Auftritte in der DDR waren ein Zeichen der Freiheit, jedoch nur für die Dauer der Konzerte – eine ernüchternde Feststellung, die in Bezug auf die afroamerikanische Musik seit Jahrhunderten gültig ist. Die Liebe und Bewunderung des Publikums auf der Bühne zu erfahren, steht im Widerspruch zu den Schwierigkeiten, mit denen die schwarzen Musiker/-innen Backstage konfrontiert waren. Die Ausstellung versammelt Gemälde, Fotografien, Archivmaterial und Installationen unter anderem von Terry Adkins, Pina Bausch, Romare Bearden, Peter Brötzmann, Gordon Parks, Adrian Piper, Evelyn Richter, Wadada Leo Smith und Andy Warhol. Der Filmemacher Darol Olu Kae aus Los Angeles produziert eine neue Filmarbeit, die das MINSK Kunsthaus für die Ausstellung in Auftrag gegeben hat.

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„I‘ve Seen The Wall“

Text
Martin Laurentius
Foto
Evelyn Richter

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