Statement der Redaktion
Nie wieder ist jetzt!
Jazz und Musikkulturen stehen für ein demokratisches Miteinander, für Offenheit, Freiheit und Diversität – auch darüber berichten wir seit mittlerweile 30 Jahren immer wieder in Jazz thing. Für viele erschien das bis vor kurzem wie eine Binse. Doch dann kam heraus, dass Mitglieder der rechten AfD und der Werteunion, einige deutsche Unternehmer und der rechtsextreme „Reichsbürger“ Martin Sellner bei einem konspirativen Treffen in Potsdam unverfroren unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, die Basis also für unsere pluralistische und offene Gesellschaft, mit Füßen getreten haben. Gegen diese Demokratiefeinde setzen wir uns als Redaktion von Jazz thing zur Wehr!
Wenn wir die entsetzlichen Deportationspläne, die auf diesem Potsdamer Treffen diskutiert wurden, für unser Lebensumfeld durchspielen, kommen wir zu dem Schluss, dass wahrscheinlich 30 bis 40 Prozent aller Menschen hierzulande, mit denen wir während der zurückliegenden 30 Jahre zu tun hatten, Menschen also, die wir schätzen, mögen, lieben, die unser Leben auf verschiedenste Weisen geprägt haben, von Zwangsvertreibung betroffen sein werden. Das höchste Gut unserer Gesellschaft steht auf dem Spiel: unser freiheitlich-demokratisches System und die kulturelle Vielfalt, die unseren Alltag mit seiner Zwischenmenschlichkeit und unser Seelenleben bereichert.
Dieses Gut ist nicht selbstverständlich und muss aktiv verteidigt werden. Genauso schädlich wie sein Kreuz in der Wahlkabine an der falschen Stelle zu machen oder die AfD aktiv politisch zu unterstützen, ist es, zu schweigen und in Gleichgültigkeit zu versinken. Hannah Arendt hat diese Gleichgültigkeit einmal als „Banalität des Bösen“ beschrieben. Wer nicht zufrieden ist mit der derzeitigen Politik der Regierung und mit einer „Diktatur auf Probe“ liebäugelt, schaue sich bitte unzählige Beispiele auf der Welt an, in denen Demokratiefeinde an die Macht kamen: Die Menschen dort werden diese nicht mehr los – mit allen Konsequenzen, die es für ihr Leben mit sich bringt.
Wir haben es in der Hand, unser lebenswertes Deutschland zu bewahren. Es genügt längst nicht mehr, eine entsprechend offene Gesinnung still in uns zu tragen und uns in der eigenen Blase wohlzufühlen. Wir müssen uns als stand- und wehrhafte Demokraten zeigen – auch und gerade nach diesem Potsdamer Treffen. Wehrt euch gegen klar erkennbaren und auch verdeckten Rassismus und Antisemitismus im Alltag, gegen verharmlosende Bemerkungen im Bekannten- und Freundeskreis, auch in der eigenen Familie, wenn es sein muss.
„Nie wieder ist jetzt“: Das sind wir auch als nachgeborene Deutsche den abermillionen Opfern der zwölf Jahre Nazi-Diktatur schuldig. Zuletzt sind deshalb Hunderttausende in Deutschland auf die Straße gegangen, um den Feinden unserer freiheitlichen Gesellschaft eine klare Kante zu zeigen – so wie es kürzlich auch Freiburgs Fußball-Trainer Christian Streich in seiner sympathisch-schnörkellosen Art auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen die TSG Hoffenheim vorgemacht hat. Die Demos gegen Rechts gehen weiter: Wir! Sind! Mehr!
Ihre/Eure Jazz thing Redaktion
Götz Bühler, Stefan Franzen, Guido Halfmann, Martin Laurentius, Uli Lemke & Axel Stinshoff
Weiterführende Links
Terminübersicht Demos gegen Rechts
Christian Streichs Brandrede