Daptone: Jüdischer Kantorenmusik
Die Musik der Chasonim, der chassidischen Kantoren in Brooklyn, ist der Außenwelt bislang weitestgehend unbekannt gewesen. Der Ethnologe und Musiker Jeremiah Lockwood (unter anderem Mitglied der Band The Sway Machinery) hat das nun geändert. Er recherchierte über Jahre im Umfeld junger Chasonim in den Brooklyner Vierteln Williamsburg und Borough Park. Yanky Lemmer, Shimmy Miller und Yoel Kohn haben eine Tradition aufgegriffen, die vor 100 Jahren ihre Blütezeit hatte: In den 1920ern bildeten sich diese Gesänge zu einer höchst artifiziellen Kunstform von fast opernhafter Dramatik mit Fangemeinden und eigener Plattenindustrie aus.
Die Ergebnisse seiner Forschung hat Lockwood gerade in Buchform vorgelegt: „Golden Ages: Hasidic Singers and Cantorial Revival in the Digital Era“ ist erschienen in der Reihe „University of California Series in Jewish History and Cultures“. Noch spannender dürfte aber die angekündigte Begleit-CD sein, die unter der Regie von Gabriel Roth bei Daptone aufgenommen wurde. Zu hören sind dort dann die Neuversionen der alten liturgischen „Hits“, die die alte Spiritualität wieder lebendig machen – eine Musik, die hochexpressiv ist, von physischer Wucht und spontaner Improvisation geprägt. Live zu erleben ist diese Musik während André Hellers Reflektor-Woche in der Elbphilharmonie Hamburg am 19. März während der „Jewish Music Night“.
Weiterführende Links
„Golden Ages: Hasidic Singers and Cantorial Revival in the Digital Era“
Jeremiah Lockwood