16: Jazzdor in Berlin & Dresden

Orchestre National De JazzOrchestre National De JazzÜber Jahrzehnte war die Achse Deutschland/Frankreich Motor für den europäischen Einigungsprozess, ohne den es nicht voran gegangen wäre. In letzter Zeit geriet dieser Motor aber ins Stottern. Zwar waren nicht die grundlegenden Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich in Frage gestellt, aber man spürte, wie die Gespräche zuletzt merklich verstummten, weil sich Bundeskanzler Olaf Scholz und Staatspräsident Emmanuel Macron nicht wirklich grün sind. Als Aktivist in Sachen Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich zeigt sich einmal mehr Philippe Ochem aus Straßburg im Elsass. Das von ihm vor fast 16 Jahren auf den Weg gebrachte Festival Jazzdor Strasbourg-Berlin-Dresden wird vom 4. bis 7. Juni wieder einmal Paradebeispiel dafür sein, dass beide Länder kulturell auf Augenhöhe sind – auch und gerade was Jazz und improvisierte Musik betrifft.

„Mit sechs deutsch-französischen Projekten und Musikern aus den USA, der Schweiz, den Niederlanden und Portugal setzt das Festival Jazzdor Strasbourg-Berlin-Dresden seine Reise durch die Welt des Jazz von heute fort“, so Ochem. „Die Grenzen werden weiter gesteckt, es ergeben sich ungewöhnliche Allianzen. Es gibt ein Wiedersehen mit alten Bekannten, die neue Musik im Gepäck haben oder andere Begleiter mitbringen.“ Gleich der Festival-Opener ist so eine ungewöhnliche Allianz, in der Tubist Michel Godard selbstbewusst die Führung in seinem französisch-deutschen Trio mit dem Pianisten Florian Weber und der Schlagzeugerin Anne Paceo übernimmt. Und mit dem Sophie Bernado 4tet ist eine weitere Formation dabei, die mit Fagott, Gesang, Kontrabass und Vibrafon recht ungewöhnlich besetzt ist.

Highlight des diesjährigen Jazzdor-Festivals dürfte die Aufführung von „Ex Machina“ sein, die den US-amerikanischen Saxofonisten Steve Lehman mit dem 15-köpfigen Orchestre National De Jazz unter der Leitung von Frédéric Maurin und den beiden Computerspezialisten aus dem Pariser IRCAM, Jérôme Nika und Dionysios Papanikolaou, zusammenbringt. Bei diesem Projekt geht es um die Wechselbeziehung von Mensch und Maschine, es überträgt die Möglichkeiten einer selbstlernenden KI auf das Format eines Orchesters im zeitgenössischen Jazz. Gleichfalls spannend und auf analoger Ebene interaktiv ist das Lotus Flower Trio mit dem Pianisten Bruno Angelini und den beiden Saxofonistinnen Sakina Abdou und Angelika Niescier. Und ein runder Geburtstag wird im Rahmen von Jazzdor Strasbourg-Berlin-Dresden auch gefeiert: Seit 20 Jahren gibt es das Quartett um den französischen Sopransaxofonisten Émile Parisien, unermüdlich haben die vier befreundeten Musiker seitdem mit einer improvisierten Musik aus Europa experimentiert.

Dann noch im Programm: das Quartett Prospectus und das Marie Krüttli Trio, Dejan Terzic AXIOM, das Quartett Bonbon Flamme um den Cellisten Valentin Ceccaldi und das Quintett La Main um den Gitarristen Gilles Coronado. Für einen Konzerttag eurer Wahl in der Kulturbrauerei in Berlin oder der Tonne in Dresden verlosen wir 3×2 Tickets. Schickt uns bis zum 14. Mai eine E-Mail an redaktion@jazzthing.de – mit der Angabe, an welchem Tag ihr beim Jazzdor-Festival sein möchtet, und ein paar Sätzen über unsere Jazz thing News. Viel Erfolg!

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Jazzdor Strasbourg-Berlin-Dresden

Text
Martin Laurentius
Foto
Sylvain Gripoix

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