RIP: Roy Ayers

Roy AyersRoy AyersVergangenen Sommer stand sein Name zuletzt im Rampenlicht. Damals ist ein Videoclip viral gegangen, der die frisch gekürte US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris zeigt, wie sie 2023 einen Plattenladen in Los Angeles besucht und drei Jazz-LPs kauft. Als sie vor die Tür tritt, wird sie von einem Fernseh-Team abgefangen und nach den Namen dieser Platten gefragt. Neben „Let My Children Hear Music“ von Charles Mingus und „Porgy & Bess“ von Ella Fitzgerald und Louis Armstrong hält sie auch Roy Ayers’ „Everybody Loves The Sunshine“ in die Kamera. „A classic“, sagt Harris im Brustton der Überzeugung: „one of my favorite albums of all time.“ Ob „Everybody Loves The Sunshine“ dieses Vibrafonisten und Sängers tatsächlich das Zeug hat, ein Klassiker zu sein, sei dahingestellt. Zuallererst ist es ein Album, mit dem Ayers beim breiten Publikum bekannt geworden ist: mit einem groovenden Jazz-Funk, durch den sich Schlieren des damals populär werdenden Discosounds zogen.

Ayers wurde am 10. September 1940 in Los Angeles geboren. Als Kind nahmen ihn seine Eltern mit auf ein Konzert von Lionel Hampton. „Beim letzten Song am Ende des Konzerts ging Hampton singend zusammen mit seiner Bläsersektion zum Publikum runter, um sich zu bedanken“, erinnert sich Ayers im Gespräch mit Arne Reimer für das Buch „American Jazz Heroes“. „Ich saß mit meinen Eltern im mittleren Gang und applaudierte ganz begeistert, weshalb er auf mich aufmerksam wurde und mir spontan seine Vibrafonschlegel als Geschenk in die Hand drückte. Meine Eltern haben das immer als Zeichen verstanden.“

Als 17-Jähriger bekam er ein Vibrafon geschenkt, in Los Angeles und an der amerikanischen Westküste spielte er daraufhin erste Konzerte unter anderem mit Teddy Edwards, Hampton Hawes und Harold Land. Sein Freund und Instrumentalkollege Bobby Hutcherson empfahl ihn als sein Nachfolger für die Band des Saxofonisten Curtis Amy. Über den Jazzkritiker und -Produzenten Leonard Feather kam Ayers in Kontakt mit United Artists, wo 1963 sein Debüt „West Coast Vibes“ erschien. Bis zu seinem Umzug nach New York 1970 war er dann vier Jahre lang Vibrafonist in der Band von Herbie Mann und auch am Hitalbum des Flötisten, „Memphis Underground“, beteiligt.

Mit seinem Umzug nach New York änderte Ayers seinen Stil und machte mit einem Mix aus Jazz und Funk auf sich aufmerksam. Seitdem hießen seine Bands stets auch Ubiquity: „Der Name stammt von meinem damaligen Manager. Ich fragte ihn nach der Bedeutung und die Antwort gefiel mir: Ubiquity heißt allgegenwärtig. Eine schöne Vorstellung, denn wenn alle Leute meine Platten kaufen und anhören, bin ich tatsächlich zur selben Zeit an mehreren Orten.“ Noch einmal richtig bekannt wurde Ayers in den 1990ern, als Acid Jazz und Rare Groove populär waren und seine Jazz-Funk-Platten in keinem DJ-Koffer fehlen durften. Sein letztes Album unter eigenem Namen, „Mahogany Vibe“, erschien 2004, bis vielleicht vor zehn Jahren war er oftmals noch live zu erleben. Am 4. März ist Roy Edwards Ayers Jr. 84-jährig nach langer Krankheit in New York gestorben.

Text
Martin Laurentius
Foto
Arne Reimer

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