Jazzdor: Vincent Bessières
Vincent BessièresSeit 1986 gibt es im elsässischen Straßburg das Festival Jazzdor, das 36 Jahre lang Philippe Ochem als künstlerischer Leiter verantwortet hat. Ochem bringt Jazz stets in internationalen Kontexten zu Gehör, um die Diversität der Dialekte einer Improvisationsmusik Europas herauszustellen. Erst im Zusammenspiel der verschiedenen Szenen ergibt sich das Gesamtbild einer Musik, die ihren Ursprung in der Kultur der Afroamerikaner/-innen hatte, sich hierzulande aber längst unabhängig von deren Wurzeln gemacht und als europäische Improvisationsmusik entwickelt hat, um im Wesentlichen als Live-Performance das Publikum anzusprechen, ohne deren Traditionen vergessen zu lassen.
Stets ist es Ochems Anliegen gewesen, neben dem Straßburger Mutterfestival auch Ableger anderswo in Europa zu etablieren. So zum Beispiel in Berlin, wo er seit 2007 das Festival Jazzdor Strasbourg-Berlin veranstaltet, das seinen Schwerpunkt auf deutsch-französische Kooperationen legt. „Die Gründung eines deutsch-französischen Festivals in Berlin war für mich ein unglaubliches Abenteuer“, so Ochem, „und es wird mir in besonderer Erinnerung bleiben – insbesondere durch das Berliner Publikum, das stets offen war für Entdeckungen.“
Die 17. Ausgabe dieses Festivals in der deutschen Hauptstadt vom 3. bis 6. Juni wird die letzte für Ochem sein: Anfang Juni übergibt er den Staffelstab an Vincent Bessières, der ab 2026 die Geschicke von Jazzdor verantworten wird. Der Kulturmanager, der als Journalist gearbeitet und als Kurator verschiedene Festivalprogramme verantwortet hat, die Initiative Jazz Club Paris geleitet und das Label jazz&people gegründet hat, will den pluralistischen Anspruch Jazzdors fortführen und das Festival noch stärker gegenüber Geschlechtergerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit öffnen.
Gleich der Opener von Ochems letztem Jazzdor in Berlin ist eine Band, wie sie typisch ist für dieses Festival: The Time Machine präsentiert zeitgenössischen Jazz auf Instrumenten des Barock und der Renaissance, während danach Sleeping Animals um die Bassistin Sarah Murcia das rhythmische und harmonische Fundament der Musik durch Mikrotonalität und Polyrhythmik unter Spannung setzt. Neu ist dieses Jahr ein französisch-polnischer Abend, der in Zusammenarbeit von Jazzdor und der Intl Jazz Platform entstanden ist. Den Anfang macht dafür der Pianist Dominik Wania im Duo mit dem Saxofonisten Christophe Monniot, bevor das Streichquartett Äether und Ciechelski/Dabrowski/Drabek/Ber als kooperatives Jazzquartett die Bühne betreten. Dann noch bei Jazzdor Strasbourg-Berlin: Grégory Dargent mit seiner Oud, das Orchestre National de Jazz unter der neuen Leitung von Sylvaine Hélariy mit einer Hommage an Carla Bley, Eggs, Stairs & Shells um den Drummer Samuel Ber, Puzzle um die Bassistin Hélène Labarrière und The Ocean Within Us um den deutsch-französischen Bassisten Pascal Niggenkemper. Das komplette Programm und alle Infos gibt es auf der Festivalsite im Internet.
Weiterführende Links
Jazzdor Strasbourg-Berlin