moers festival: Das Programm
Ellen ArkbroWer Tim Isfort kennt, weiß, dass er oftmals die Pressekonferenzen, auf denen er seine Programme für das moers festival vorstellt, als schrille Happenings inszeniert. So auch diesmal wieder: Er und sein Team mussten am 3. April schwindelfrei sein, als drei Kräne in den Moerser Schlosspark gefahren wurden. Auf Hebebühnen saßen in 30 Metern Höhe Isfort und seine Leute, um zu den Medienvertreter/-innen am Boden unter ihnen zu sprechen. Natürlich steckte auch so etwas wie ein tieferer Sinn dahinter, um das Motto des diesjährigen Festivals, „Stille“, zu verbildlichen und auf die nach wie vor „schwankende“ Finanzierung dieses „Jazzfestivals für Musik, Miteinander, Freysinn und Klangfriede“ hinzuweisen.
Das 54. moers festival am Pfingstwochenende vom 6. bis 9. Juni will sich auf wenige Spielorte konzentrieren: Das ist zuallererst die gute Nachricht. Die Festivalhalle ist wieder Zentrum und Hauptspielort zugleich, davor wird das Festivaldorf mit dem Händler/-innenmarkt aufgebaut, eine weitere Bühne steht Open-Air auf dem Campinggelände im Freibad Solimare nebenan. Ganz ablassen von der Idee, die übrige Stadt mit der Festivalmusik zu bespielen, will man aber nicht. Neben den beiden Hauptbühnen gibt es in der Innenstadt weitere Spielstätten wie die evangelische Kirche, das Bollwerk 107, die Röhre, die Barbara Buchhandlung und das Café Mondrian.
Wadada Leo Smith & Vijay IyerEinige Highlights im Programm sind schon vorab bekannt gegeben worden – wie zum Beispiel das Duo Vijay Iyer und Wadada Leo Smith, Koshiro Hino, Ellen Arkbro, Caspar Brötzmann, The Sleep Of Reason Produces Monsters, Will Northlich aka Blipvert oder Hayden Chisholm’s Kinetic Chain. Weitere Acts wie Holy Scum, Kalia Vandever, Nduduzo & Omagugu Makhathini, Maya Dunietz, Led Bib, Spinifex Maxximus, Tan Shouxin, Willi Kellers The Circle oder Angelica Sanchez komplettieren das diesjährige Line-Up. Auch das Bundesjazzorchester wird an Pfingsten Halt machen in Moers: mit „Irgendwo auf der Welt …“ und der Musik aus Entschädigungsakten verfolgter Komponisten während des Nationalsozialismus. Ein Spektakel der besonderen Art verspricht die Festivaleröffnung mit einem achtstündigen Konzert, wenn Terry Wey und Ulfried Staber als Multiple Voices das ursprünglich 40-stimmige Vokalstück „Spem In Alium“ zu zweit zur Aufführung bringen.
Und eine neue Kooperation konnte Isfort auch vermelden: Mit Großbritanniens größtem internationalen Festival für neue und experimentelle Musik, dem Huddersfield Contemporary Music Festival, wird es gemeinsame Konzerte geben, die das eine Festival für das jeweils andere kuratieren soll. Partnerland ist dieses Jahr China, in dessen Kulturgeschichte sich verschiedene musikästhetische Konzepte der Stille zeigen, die als ambivalentes Austarieren einer harmonischen Mitte verstanden werden. Zudem gibt es die Fortsetzung der Reihe „?Afrika“, diesmal mit einem Einblick in die vielfältige Musikszene Ruandas.
„Rund 250 Künstler/-innen aus 20 Nationen kommen an Pfingsten nach Moers und werden wie immer laut, wild, mutig, schräg, aber auch still und leise zwischen Experiment, musikalischem Wagemut und Improvisation das Areal um die Festivalhalle zu einem ganz besonderen Ort machen“, ist Isfort überzeugt: „Wir haben für das 54. moers festival in dieser lauten und krisengeplagten Zeit das außergewöhnliche Thema der Stille ausgewählt. Dazu haben wir alle Künstler/-innen gebeten, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, und auch Auftragskompositionen an ausgewählte Komponist/-innen vergeben.“
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