Das Kammerer OrKöster
Scharf & knackig
Schon sein Name lässt ahnen, dass dieser Klangkörper ein eigenes Faible für Humor pflegt. Und dann hat das Kammerer OrKöster, das natürlich kein Kammerorchester im klassischen Sinn ist, für das Debüt als runde Nummer 70 der JTNG auch noch einen Albumtitel gewählt, der eine Würzbeilage zum Subjekt erhebt. „Senf“: eine tolle Mischung mit Trompete, Saxofon, zwei Posaunen, Kontrabass und Drums.
Als Richard Köster und Jakob Kammerer nach einem Namen für ihre Band suchten, lag die Assoziation auf der Hand. Der Trompeter aus dem oberbayerischen Burghausen und der Drummer aus Wien haben also das Kammerer OrKöster gegründet. Beide schreiben die Stücke für das Sextett und beide hängen folglich auch gemeinsam in der Skype-Schalte für dieses Interview, Köster in Oslo – wegen seines Masters – und Kammerer in Wien.
Die Musik ihres Sextetts steckt voller Spannungsbögen und Überraschungen, sie weist Bezüge zur Jazzgeschichte auf, ohne auch nur eine Spur staubig zu klingen, und klingt zugleich modern, funky und frei – mit viel Raum für jedes einzelne Mitglied der Band. Köster spielt neben der Trompete auch Flügelhorn, Benjamin Daxbacher prägt den Sound mit seinem Altsaxofon, die beiden Posaunisten Alois Eberl und Christian Amstätter-Zöchbauer sorgen für harmonische Riffs in der Rückendeckung und geräuschvolle Aktionen, Beate Wiesinger am Kontrabass und Schlagzeuger Kammerer halten nicht nur den Laden zusammen, sondern veredeln den Groove der Band mit fabelhaften Soli.
Die sechs Musiker zwischen 25 und 30 haben sich während des Studiums in Wien kennengelernt. „Wir verstehen uns extrem“, findet Köster. „Deswegen macht’s uns Spaß, zusammen zu musizieren. Wobei wir anfangs gar nicht drauf geachtet haben, was für einen Geschmack wer hat.“ Und Kammerer ergänzt, dass man miteinander viel mehr Zeit verbracht habe als mit anderen Kommilitonen. „So haben wir öfter gemeinsam Musik gemacht, und irgendwann war die Band da.“ Das erste Konzert war im Mai 2015, „mit Rumprobieren davor sind es jetzt wohl drei Jahre“, rechnet der Drummer.
Kaum ein Jahr später gewann das Sextett den ersten Preis beim Nachwuchswettbewerb der Internationalen Jazzwochen Burghausen. Dass ausgerechnet die Heimatstadt des Trompeters zur ersten großen Bühne wurde, ist ein hübscher Zufall. Joe Viera, der kürzlich 85 gewordene Begründer des Festivals, moderierte den Auftritt der Preisträger mit ein paar lustigen Bemerkungen in die Richtung des Trompeters, denn Köster hatte als junger Bursche dessen Jazzkurse vor Ort besucht. Hat die humorvolle Ader, für die Viera bekannt ist, womöglich die musikalische Orientierung Kösters beeinflusst?
Kollege Kammerer schätzt an den Kompositionen seines Kollegen, dass „sie immer total verspielt sind und die Motive und Themen immer so ineinander verstrickt und gewitzt sind. Es funkelt alles clever und trotzdem kann es ganz simpel klingen. Und er kann total gut für die Bläser schreiben!“ – „Vielen Dank, Jakob“ – beide lachen und Köster revanchiert sich: „Seine Sachen sind extrem stimmungsvoll und ehrlich. Ihre Atmosphäre gewährt uns immer viel Freiheit, in die man viel reinlegen kann. Das macht zum Spielen äußerst viel Spaß.“
Ihr Debüt kommt als „Senf“ (Double Moon/in-akustik) in die Läden, benannt nach der längsten Komposition auf der Scheibe und der ersten, die überhaupt für die Band geschrieben wurde.
„Wir sind die ganzen Songtitel des Albums durchgegangen und fanden den einfach ideal – kurz und knackig. Dann haben wir eine Künstlerin mit der Gestaltung des Covers beauftragt und ihr unsere Vorstellungen mitgeteilt. Es ist dann auf einen Senf-Abenteuerpark hinausgelaufen, den wir im Lauf der CD durchwandern“, erzählt Köster.
Die luftige Grafik der Leipziger Künstlerin Anemone Kloos zeigt ein Riesenrad über einem Gestrüpp aus Luftschlangen, Feuerwerk, Bratwürsten und ganz unten das Häuflein der sechs Musikanten auf dem Weg hinein.
Zunächst begegnet man einer hibbelig-flotten „Tanznummer“ (O-Ton Köster) mit übermütigen Bläsern, die allmählich ins Schnaufen geraten und beim nächsten Stück dann zu erneuter Hochform auflaufen. Growlen, Grunzen und Schmatzen scheinen dabei eine Spezialität der beiden Posaunisten zu sein. Meditative Stücke mit bluesigen Elementen enden abrupt und geraten ins Fahrwasser des Funk, ein Second-Line-Groove verschränkt sich in ein schräges Durcheinander, es swingt gehörig und mal reichen auch gerade mal sieben ausnotierte, pointierte Takte wie bei „Bob’s Your Uncle“, um die Band herrlich locker fantasieren zu lassen. Hier wie anderswo scheint man sich instinktiv darauf zu verstehen, wo der Klangkörper sich auf einzelne Bestandteile reduziert und die Farbgebung einem Solo oder einem Duo überwidmet wird. Da gewinnt eine Komposition auch mal durch ein tiefgründiges, langes Intro des warm tönenden Kontrabasses, das wie eine kleine Geschichte wirkt.
„Uns haben Leute nach Konzerten schon mal gesagt, dass die Musik bei ihnen wie ein Film ankomme. Dass sie Assoziationen hätten, mit denen sie eintauchen könnten. Ist doch schön, wenn man die Leute so mitnehmen kann“, freuen sich die beiden Namensgeber des Sextetts.
Website Kammerer OrKöster
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