Mathieu Clement

Lässige Sechserbande

Es liegt in der Natur der Sache, dass die Protagonisten der „Jazz thing Next Generation“-Reihe jung sind. Der Luxemburger Schlagzeuger Mathieu Clement dürfte aber in dieser Hinsicht wohl den Vogel abschießen: Er ist erst 21 Jahre alt, zum Zeitpunkt der Aufnahme seines Debütalbums „Coming Home“ (Double Moon/Bertus) war er sogar erst 20.

Mathieu Clement – Coming Home (Cover)

Mathieu Clement ergriff bereits als Kind, im zarten Alter von sieben Jahren, erstmals die Schlagzeugstöcke. „Mein Vater ist Kirchenorganist, betätigt sich aber auch als Jazzpianist“, berichtet Clement aus seinem musikalischen Elternhaus. „Mein Großvater ist Fotograf und ebenfalls ein großer Jazzfan, der viele Jazzlegenden fotografiert hat. Ich war also von Anfang an von dieser Musik umgeben, habe aber zunächst Rockmusik gespielt.“

Erst mit 13 beginnt der junge Schlagzeuger, sich für Jazz zu interessieren – es ist zunächst die amerikanische Legende Art Blakey, die ihn fesselt. Das Talent des Teenagers fällt bereits zu Schulzeiten auf, und so geht Clement als Jungstudent nach Köln, „während ich noch mein Abitur gemacht habe“, wie er erzählt. Die Vitalität und Vielfalt der Kölner Szene waren Clement schon in der Heimat aufgefallen – als er dann endlich da ist, bestätigen sich viele Erwartungen. „In Köln wurde ich sehr gut aufgenommen, und auch das Studium gefällt mir super“, sagt der Drummer. „Man wird sehr schnell akzeptiert, aber auch gefordert. Ich wollte unbedingt bei Jonas Burgwinkel studieren und bin sehr zufrieden mit ihm, er ist ein super Lehrer. Köln hat ja eine starke freie Szene, ich spiele aber auch gern straight ahead und bin froh, dass man hier alles machen kann.“

Mathieu Clement betätigt sich beim JugendJazzOrchester NRW, sucht aber schon bald auch nach einem Forum für seine eigene Musik. „Als ich 20 geworden bin, hatte ich den Impuls, meine eigene Band zu gründen“, erinnert Clement sich. Dabei spannt er den Rahmen etwas größer und stellt ein Sextett zusammen. Gleich drei Bläser – der Trompeter Jakob Bänsch sowie die beiden Tenorsaxofonisten Victor Fox und Adrian Gallet – bilden eine schlagkräftige Frontline, das Klavier spielt Leon Hattori, und für die tiefen Töne ist der Bassist Jan Blikslager zuständig. „Mit Jan Blikslager und Adrian Gallet hatte ich sowieso schon viel gespielt, deshalb war es klar, dass sie dabei sein mussten“, schildert der Schlagzeuger seine Überlegungen bei der Bandgründung.

Mathieu Clement (Foto: Bartosch Salmanski)

„Mit Jakob Bänsch, Victor Fox und Leon Hattori wollte ich gerne spielen, deshalb habe ich sie gefragt. Als wir dann den Aufnahmetermin im Februar 2022 im Kölner Loft hatten, habe ich noch ein paar Songs geschrieben.“ Bei der Aufnahme von „Coming Home“ arbeitet dann sogar noch ein vierter, ziemlich prominenter Bläser mit: Der Trompeter Matthias Schriefl springt in den drei Songs „Aphasia“, „Mad Mat“ und „Last Tune In The Hochschule“ für Bänsch ein, der zum Zeitpunkt der Session mit einer Mandelentzündung zu kämpfen hatte.

Mit feuriger Ausdruckskraft steigt Clements Sextett mit dem Song „Five Children“ in das Album ein. Wie lässig der Bandleader Tempowechsel gestalten kann, wird vor allem im Titeltrack – einem rasanten Aufgalopp durch boppige Gefilde – deutlich. Dass er auch eine Ballade nach allen Regeln der Kunst mit dem Besen zum Leben erwecken kann, macht das Stück „Aphasia“ klar, in dem Hattori, der selbst ein eigenes Trio unterhält, als Solist glänzt. Ein Selbstporträt des Schlagzeugers als Songschreiber ist „Mad Mat“, in dem sich packende Themen und furiose Soli abwechseln und Jan Blikslager mit seinem grundsoliden Walking Bass sich als Fundament der rollenden Geschwindigkeit erweist.

Dass Clements Truppe eine Menge jugendlichen Elan versprüht, ist natürlich kein Wunder, schließlich sind bis auf Schriefl sämtliche Musiker noch unter 30, gleichzeitig integriert das Sextett aber die unterschiedlichsten Spielauffassungen und verströmt eine musikalische Lässigkeit, die in diesem Alter eigentlich noch nicht selbstverständlich ist.

„Die Songs sind schon stark an klassischem Modern Jazz mit 32 Takten angelehnt und swingen stark“, beschreibt der Schlagzeuger seine Musik, „aber manchmal spielen wir auch moderner und ziemlich groovy. Wenn es etwas freier wird, ist meist Victor dafür verantwortlich. Wir wollen aus dem Straight-Ahead etwas Neues entwickeln.“

Dafür hat Clements Sextett mit „Coming Home“ die perfekte Basis gezimmert – was daraus noch alles entstehen kann, wird die Zukunft zeigen.

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Text
Rolf Thomas
Foto
Bartosch Salmanski

Veröffentlicht am unter 148, Heft, Next Generation

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