Shogo Seifert

Der richtige Weg

Vor 50 Jahren war die Rauke – italienisch Rucola – noch kein fester Bestandteil des gemischten Salats in Deutschland, heute ist das Kraut dort nicht mehr wegzudenken. Dem Trompeter Shogo Seifert hat an dem Wort Rauke vor allem der Klang gefallen, und so hat er seine Band, die jetzt mit „Causes Of Imagination“ (Double Moon/H‘Art) ihr Debüt vorlegt, kurzerhand nach der Pflanze benannt.

Shogo Seifert Rauke – Causes Of Imagination (Cover)

„Die Band habe ich für mein Abschlusskonzert am Jazz-Institut Berlin zusammengestellt“, erinnert Shogo Seifert sich an die Entstehung seines Quartetts Rauke. „Den Bassisten Vincent Niessen kannte ich noch aus Dresden, wo ich auch studiert habe. Den Pianisten Arseny Rykov habe ich in Berlin kennengelernt, und ich fand, dass er super zu der Musik, die ich gerade im Kopf hatte, passen würde. Unseren Schlagzeuger Johannes Metzger kannte ich durch Vincent.“

Die Mitglieder des Streichquartetts, das auf dem Album „Causes Of Imagination“ auch zu hören ist, hat Shogo Seifert ebenfalls selbst ausgewählt. „Die Cellistin Almut Wolfart kommt auch vom Jazz-Institut Berlin“, erzählt der Trompeter. „Die Bratschistin Philine Höhnisch hat bei mir Johannes kennengelernt, mit dem sie mittlerweile zusammen ist. Die beiden Geigerinnen Mathilde Vendramin und Alexandra Buchmüller machen das Quartett komplett.“ Seiferts Jazzquartett besteht also ausnahmslos aus Männern, das Streichquartett aus Frauen. „Das ist unbeabsichtigt passiert“, sagt Seifert. „In Jazz-Studiengängen sind wenig Frauen zu finden, bei den Streichinstrumenten sind sie die Mehrheit. Es gibt schon mehr weibliche Studierende als früher, aber im Jazz sind sie immer noch in der Minderheit.“

Shogo Seifert Rauke (Foto: Lukas Diller)

Shogo Seifert wurde 1993 in Heidelberg geboren. Seine Mutter ist Japanerin, darum der für deutsche Ohren ungewöhnliche Vorname. „Der japanische Anteil meiner Persönlichkeit wird auch in meiner Musik deutlich“, findet der Trompeter. „Vor allem der spirituelle Aspekt im Lebensstil meiner Mutter hatte einen starken Einfluss auf mich.“ Seiferts Mutter ist eine klassisch ausgebildete Pianistin, die sich aber auch für zeitgenössische Musik und Improvisation interessiert.

„Als Kind in Heidelberg habe ich zunächst afrikanische Percussion an der Musikschule gelernt“, berichtet der Trompeter. „Mit acht Jahren habe ich dann mit der Trompete angefangen. Das war eine klassische Ausbildung mit klassischer Musik, einer Orchestermitgliedschaft und der Teilnahme am „Jugend musiziert‘-Wettbewerb. So ganz hat mir das nicht gefallen. Der Rhythmus hat mir gefehlt, und ich hatte nicht das Gefühl, mich ausdrücken zu können. Klassische Etüden zu spielen macht mir schon noch Spaß, aber eigentlich mehr, um die Technik zu üben. Mein Vater hat mir dann irgendwann ‚Kind Of Blue‘ von Miles Davis geschenkt, und die Platte hat mich umgehauen. Ich habe angefangen, die Soli nachzuspielen, weil die Musik mich emotional berührt hat. Außerdem habe ich HipHop gehört, da wird viel Jazz gesamplet. Mein älterer Bruder, der Schlagzeug spielt, hat mit mir an Beats herumgetüftelt, mich an Graffiti und Scratching herangeführt. Aber selbst damals habe ich schon nach der Verbindung zum Jazz gesucht. Meine Verbindung zum Jazz und die Art und Weise, wie ich mich mit Jazz ausdrücken kann, fühlt sich für mich sehr natürlich an. Meine Mutter als Pianistin hatte auch einen großen Einfluss. Sie hat Jazzharmonien mit mir geübt.“

Dass die Freiheit, die der Jazz ausstrahlt, für viele junge Musikerinnen und Musiker eine Verheißung ist, zeigt sich in Seiferts Lebenslauf einmal mehr. 2014 zog er nach Dresden, um dort Trompete zu studieren. „In Dresden habe ich viel Bebop gemacht und Soli transkribiert – Clifford Brown, Lee Morgan, Freddie Hubbard – und dabei gemerkt, dass ich auf diese Weise meine eigene Stimme nicht finden kann“, stellt der Trompeter fest.

„Niemand braucht heute einen zweiten Lee Morgan.“

Nach einem einjährigen Gastspiel in Paris – „eine tolle Jazzstadt, eine sehr inspirierende Zeit“ – zog es Seifert schließlich mitten in der Coronapandemie nach Berlin. Das kreative Klima der Stadt erweitert seinen musikalischen Horizont, die Pandemie sorgt dafür, dass er viel Zeit hat zu komponieren. „In Berlin habe ich angefangen, meine eigene Musik zu schreiben, und schnell gemerkt, dass das der richtige Weg für mich ist“, gibt Shogo Seifert zu Protokoll. Der Anreiz, für Streicher zu schreiben, war außerdem auch sehr groß.“ Seine achtköpfige Truppe auf die Bühne zu bringen ist dabei nicht immer einfach. „Auf der Bühne ist es natürlich ziemlich eng“, grinst Seifert, „aber es ist auch cool, wenn man so dicht zusammen spielt.“

Jazz thing präsentiert
Shogo Seifert
09.04. Weimar, C-Keller
11.04. Berlin, Donau 115
14.04. Leipzig, Laden auf Zeit
07.06. Düsseldorf, Love Birds Festiva
05.07. Greifswald, Eldenaer Jazztage
12.11. Göppingen, IG Jazz
19.11. Plauen, Malzhaus

Booking MaWeMarketing | Martina Weinmar

Text
Rolf Thomas
Foto
Lukas Diller

Veröffentlicht am unter 158, Heft, Live things, Next Generation

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