Windisch Trio

Verschiedene Ästhetiken

Das Klaviertrio ist ein beliebtes Format. ­Dennoch hat sich der junge Pianist Julius Windisch zunächst in anderen Formationen ausprobiert: Er unterhält ein Quartett, hat in einem Quintett gespielt, mit Sängerinnen experimentiert und war in der Schweiz einst Teil eines improvisierenden Duos mit Synthesizer und Schlagzeug. Auf „Pros And Cons“ (Double Moon/Bertus) debütiert er nun doch mit dem Windisch Trio.

Windisch Trio – Pros & Cons (Cover)

Angefangen hat Julius Windisch zunächst am Schlagzeug, da war er sieben oder acht.

„Das hat sich dann verloren, weil ich auch zu wenig geübt habe“, erinnert er sich. „Ich bin dann ans Keyboard gewechselt und später zum Klavier. Ich habe dann schnell gemerkt, dass ich da Bock drauf habe. Mit 15 habe ich begonnen, mich für Jazz zu interessieren. Das kam aus meinem Interesse an der Improvisation und weil ich begonnen habe zu komponieren. Ich wollte mich kreativ ausdrücken an meinem Instrument und nicht nur Noten spielen. Da gibt es im Jazz ja eine große Tradition, aber grundsätzlich kann man auch außerhalb des Jazz improvisieren.“

Die Musik, für die Windisch sich als Teenager interessiert hat, stammte mehr aus poppigen Gefilden.

„Generell war ich an allen möglichen Arten von Musik interessiert, damals habe ich gern Tower of Power, Incognito und Jamiroquai gehört“, erzählt der Pianist. „Erst als ich Unterricht hatte und gecheckt habe, was da passiert, habe ich angefangen, Keith Jarrett und die üblichen Verdächtigen zu hören. Die Ohren haben sich für mich dadurch geöffnet.“

Das Interesse für Jazz wird für Julius Windisch so groß, dass er beschließt, in der Schweiz zu studieren.

„Meinen Bachelor habe ich in Bern gemacht“, erzählt er. „Vorher war Andreas Herrmann ein wichtiger Lehrer für mich, den Rainer Böhm mir empfohlen hatte. Die Schweiz fand ich spannend, weil es da viele Leute gab, die eine eigene Stimme entwickeln. Außerdem war Django Bates ein cooler Lehrer.“

Schnell wird ihm die Schweiz zu klein.

„Den European Jazz Master habe ich dann in Amsterdam, Berlin und Kopenhagen gemacht“, berichtet Windisch. „Das war für mich eine gute Gelegenheit, in verschiedene Szenen Einblick zu bekommen. Als ich dann das erste Mal in Berlin war, war mir klar, dass ich irgendwann hierhin ziehen würde. Das habe ich dann im Sommer 2019 gemacht.“

In dieser Zeit entstehen die neun Kompositionen, die sich auf „Pros And Cons“ wiederfinden.

„Ich habe zuerst in einer kleinen Einzimmerwohnung in Charlottenburg gewohnt und hatte wahnsinnig viel Zeit“, erinnert Windisch sich. „Mein Kopf war total frei für einen Neuanfang, und ich habe viele Stücke komponiert.“

In welcher Form diese Musik umgesetzt werden soll, schält sich dann schnell heraus.

„Gegen das Trioformat habe ich mich zuerst gewehrt, weil es ja so wahnsinnig viele davon gibt“, meint Windisch, „aber in der Zeit, in der ich diese Stücke schrieb, habe ich gemerkt, dass man die gut mit einem Trio umsetzen kann. Das Trio ist ein schwieriges Format. Einerseits hat man die totale Freiheit, aber andererseits sind es eben auch nur drei Musiker, das heißt, die Verantwortung verteilt sich auf wenige Schultern. Ich hatte aber das Gefühl, dass ich verschiedene Ästhetiken ver­mische und gleichzeitig etwas Neu­es passiert.“

Windisch Trio (Foto: Dovile Sermokas)

Mit dem Bassisten Igor Spallati und dem Schlagzeuger Fermin Merlo findet er bald die Musiker, die seine ver­trackte Musik, die sich aus vielen ver­schie­de­nen Quellen speist, adäquat umsetzen können.

„An Igor und Fermin gefällt mir ihre stilistische Vielfalt“, stellt Windisch fest. „Sie spielen beide viele traditionelle Sachen, aber auch in modernen Kontexten. Sie können total komplizierte Musik lesen und spielen und gleichzeitig total frei improvisieren. Dazu kommt, dass sie beide eine andere Ausdrucksweise haben als die Musiker meines Quartetts, in dem Felix Henkelhausen und Max Santner Bass und Schlagzeug spielen. Das fand ich ziemlich erfrischend, wie krass anders alles klingt, wenn man andere Persönlichkeiten an den Instrumenten hat. Der Vibe von der Band ist total anders.“

Das Windisch Trio wechselt zwischen Transparenz und Dichte, zwischen Kom­plexität und subtiler Schlichtheit und hört sich dadurch sehr eigen an. Woran das liegt, dafür hat Julius Windisch noch eine Erklärung.

„Fermin kommt aus Argentinien und Igor aus Italien“, erzählt er. „Das finde ich bei Fermin auch spannend: Er hat einen total ande­ren Stil, weil er eben nicht in Berlin auf­ge­wachsen ist. Er kommt aus einer anderen Szene von ei­nem anderen Kontinent, wo er mit ganz anderen Strömungen zu tun hatte.“

Auf Grund der unsicheren Live-Situation:
Bitte besuchen Sie regelmäßig die Webseite des Künstlers: juliuswindisch.com

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Text
Rolf Thomas
Foto
Dovile Sermokas

Veröffentlicht am unter 140, Heft, Next Generation

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