Zuzana Leharová
Ein krasses Puzzle
Sie ist die erste Geigerin in der „Jazz thing Next Generation“-Reihe. Zuzana Leharová hat mit „Knochenmann“ (Double Moon/in-akustik) ein Debüt eingespielt, das von Gypsy-Swing nichts wissen will, sondern sich lieber auf die abenteuerlustige Seite des Jazz schlägt.
Die junge Geigerin ist schon extrem beschlagen und spielt in einer Fülle von Formationen, beispielsweise bei Phase Vier mit Filippa Gojo, dem Fuchsthone Orchestra oder dem Tabadoul Orchestra mit Annette Maye. Dem Fernsehpublikum ist sie aus Jan Böhmermanns „Neo Magazin Royale“ bekannt, in dem sie als Mitglied des Rundfunktanzorchesters Ehrenfeld oft prominent im Bild war. Kann man in einer solchen Band, bei der man eigentlich alles spielen können muss, für seine eigene Musik etwas lernen? „Man muss vom Blatt spielen können und gleichzeitig sehr spontan sein“, hat Zuzana Leharová festgestellt. „Im Fernsehen wird andauernd irgendetwas geändert, da muss man schnell reagieren können.“
Mit „Knochenmann“ hat sich Zuzana Leharová für einen ziemlich martialischen Albumtitel entschieden, aber es gibt eine einleuchtende Erklärung dafür. „Als ich das gleichnamige Stück geschrieben habe, war ich inspiriert von dem Film ‚Knochenmann‘ mit Josef Hader nach der Romanreihe von Wolf Haas“, erzählt die Geigerin. „Ich mag das Skurrile und den schwarzen Humor, außerdem klingt der Begriff auch einfach gut.“
Eingespielt hat Leharová das Album mit ihrem Quartett, das gut aufeinander hört – kein Wunder, denn die Band existiert schon zwei Jahre. „Ich wollte eine Quartettformation finden, mit der ich meine Stücke spielen und Musik entwickeln kann“, erinnert Leharová sich an den Gründungsimpuls. „Vor zwei Jahren ist dann die Band mit Joscha Oetz, Nils Tegen und Constantin Krahmer entstanden.“ Was gefällt ihr denn an dem Bassisten, dem Schlagzeuger und dem Pianisten? „Das sind tolle Menschen, die super grooven und eine unglaubliche Energie in meine Musik reinbringen“, schwärmt sie. „Davon lebt diese Band: von Energie und Kommunikation.“
Auf der Hälfte der Stücke kommt dann noch Trompeter Bastian Stein ins Spiel. „Bei irgendeiner Gelegenheit habe ich Bastian gehört und gedacht: ‚Wow, was für einen schönen Sound hat der!‘“, erinnert Leharová sich. „Dann haben wir miteinander gesprochen, und ich dachte mir, dass es doch schön sei, ihn als Gast einzuladen. Es hat sich dann herausgestellt, dass das Zusammenspiel von Trompete und Geige super funktioniert und miteinander verschmilzt.“ Im „Dance Between Two Pines“ stimmt die Chemie besonders gut, und das komplette Quintett scheint abzuheben.
Zuzana Leharová ist in der Slowakei geboren und im österreichischen Tirol aufgewachsen. „Wir hatten immer ein Klavier zu Hause, aber ich wollte unbedingt Geige spielen“, erinnert sie sich. „Ich habe dann ganz konventionell Geigenunterricht bekommen und Geige studiert“, zunächst in Innsbruck, später dann in Amsterdam und Maastricht und schließlich in Köln. Irgendwann zwischendurch hat Leharová der Jazzvirus erwischt: „Früher wollte ich Orchestermusikerin werden, aber mein Klavierlehrer hat Jams organisiert, die ich total lässig fand“, erzählt die Geigerin. „Das Zusammenspiel war faszinierend, und die Saxofonisten fand ich toll. Seitdem wollte ich improvisieren, aber eben auf der Geige.“
Vorbilder auf ihrem Instrument waren rar. „Ich kannte natürlich Stéphane Grappelli, aber das war nicht die Richtung Jazz, die ich spielen wollte“, sagt Leharová. „Später habe ich Leute wie Mark Feldman entdeckt, der einen viel natürlicheren Sound auf der Geige hat als zum Beispiel Jean-Luc Ponty mit seinem Fusion-Sound. Das war eine Richtung, bei der man hip klingt und trotzdem mit dem natürlichen Geigenklang arbeitet.“ Zuzana Leharová kann zart und wehmütig klingen – man höre nur die ruhige Einleitung von „Dance Between Two Pines“ –, aber auch ziemlich roh und ruppig wie im faszinierenden Titeltrack, wo man nicht nur Angst um ihren Steg und Bogen hat, sondern auch um den von Joscha Oetz.
Einem weiteren Vorbild stattet sie ganz am Schluss von „Knochenmann“ ihren Tribut ab, wenn sie mit einer energetischen Fassung von Zbigniew Seiferts „Coral“ brilliert, bei der Nils Tegen das Quartett immer wieder mit Breitseiten anfeuert. Die einzige Fremdkomposition des Albums erinnert an den polnischen Geiger, der vor 40Jahren gestorben ist und als einer der kreativsten Jazzmusiker seiner Zeit galt. Seiferts expressiver Stil ist etwas, was auch Zuzana Leharová verinnerlicht hat und womit sie sicher noch ein großes Publikum begeistern wird.
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