Ahmad Jamal
Saturday Morning
(Jazz Village/Harmonia Mundi)
PRO
Mit dem Vorgänger-Album „Blue Moon“ war Ahmad Jamal zu ganz großer Form aufgelaufen, mit „Saturday Morning“ lässt er eine CD von ähnlichem Kaliber folgen. Vor allem eigene Kompositionen füllen das Werk und insbesondere das lässig in Schwebe gehaltene Titelstück lässt seine Tastenkunst glänzen. Dass er Platz für wohl gesetzte Pausen hat, liegt auch daran, dass sein hervorragend besetztes Trio mit dem Bassisten Reginald Veal und dem subtilste Grooves beherrschenden Schlagzeuger Herlin Riley um den Perkussionisten Manolo Badrena ergänzt wird, der die schlanken Rhythmen immer wieder aufbricht und erweitert. In dem mit dem Wechsel zwischen Time und Rubato spielenden „Edith’s Cake“ zeigt sich Jamals ganze Klasse: Er lässt seinen Flügel mit autoritärer Gewalt scheppern, um dann mit geradezu jugendlicher Vitalität über die Tasten zu fliegen.
Rolf Thomas
KONTRA
Es ist bekannt, dass Ahmad Jamal kein Musiker ist, der seinen Musikern Freiräume lässt und Komplexität erträgt. Er braucht Stoiker an seiner Seite, dann wird er musikalisch redselig, divenhaft elegant. Mit dem Bassisten Reginald Veal und den Schlagwerkern Herlin Riley und Manolo Badrena hat der 83-Jährige ein derartiges Team an seiner Seite, das ihn mit Zurückhaltung – und im Fall von Riley mit tendenziell unscharfem Timing – rahmt. Das Studio La Buis-sonne in der Provence sorgt für die passende, lockere Atmosphäre und so lässt er auf „Saturday Morning“ seine Akkorde aufbranden, seine Läufe perlen, spielt mit erdigen Rhythmen und einfachen Strukturen, die er auf verstockte Weise ausfüllt. Das ist nicht neu, nicht so altersweise genial wie der Vorgänger „Blue Moon“. Deshalb transportiert das harmolose Album die Frage, ob man den Appendix wirklich braucht.
Ralf Dombrowski