Andrew Cyrille Quartet
The Declaration Of Musical Independence
(ECM/Universal)
Ziemlich bedeutungsschwerer Titel. Dass die Drum-Instanz Andrew Cyrille mit ihrem ersten Leader-Album für ECM gleich die musikalische Unabhängigkeit ausruft, weist ihn als Mitglied einer Künstlergeneration aus, die ihr ganzes Tun vor allem an politischen Zielen ausrichtete. Cyrille ist heute 77 und immer noch nicht altersmilde. Unabhängigkeit bedeutet für ihn, bedingungslos seinen Zielen zu folgen, allen Erwartungshaltungen, die heutzutage an eine „Legende“ geknüpft werden, zum Trotz. Wer allerdings erwartet, dass der Weggefährte von Cecil Taylor und Oliver Lake ein Free-Jazz-Gewitter herniederprasseln lässt, der unterschätzt – wie so oft – dessen feinen, architektonischen Intellekt. Nicht umsonst bat er Gitarrenprofessor Bill Frisell ins Studio, der endlich wieder seine frühere Identität als lyrisches Irrlicht entdeckt und sich mit dem Synthesizer-Pionier Richard Teitelbaum grandiose Dialoge im Vakuum der Kollektiv-improvisation liefert. Ben Streets runder Basssound komplementiert perfekt das pointierte, dosierte Schlagzeugspiel von Cyrille. Der kopiert unverhohlen Rashied Alis Marschtrommeln auf „Coltrane Time“ und streicht auf „Sanctuary“ wie ein Maler übers Set. Faszinierend!