Avishai Cohen

Naked Truth

(ECM/Universal)

Avishai Cohen – Naked Truth (Cover)Der Bart ist ab. Nur eine äußere Veränderung? Könnte auch bedeuten: Avishai Cohen will ein anderer sein. Ruhiger, verletzlicher, selbstkritischer. Die rauen Texturen aus Ambient, Psychedelia, Electronica, Pop, TripHop, Beats und Grooves, die das 2020er-Corona-Album „Big Vicious“ noch zu einem veritablen Ereignis erhoben, sind jetzt einem kargen, suchenden, empfindsamen Klangbild gewichen. Keine Titelnamen, nur acht Nummern. Karge Instrumentierung, von Avishais langjährigen Weggefährten, dem Pianisten Yonathan Avishai, dem Bassisten Barak Mori und dem Schlagzeuger Ziv Ravitz, auf den Punkt genau platziert. Es ist Cohens Werk, der jede Melodie führt und pausenlos die Sinnfrage stellt. In den Studios La Buissonne in Pernes-les-Fontaines lieferten die vier im September 2021 ein spektakuläres Exempel für emotional-meditative, virtuose Improvisationskultur. Warum und weshalb, das schält sich zum Ende dieses bemerkenswerten Albums heraus, wenn Cohen „Departure“ rezitiert, ein Gedicht von Zelda Schneurson Mishkovsky, in dem es um Verzicht, Akzeptanz und Loslassen geht. Nichts anderes als um die nackte Wahrheit.

Text
Reinhard Köchl
, Jazz thing 143

Veröffentlicht am unter Reviews

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