Brad Mehldau

10 Years Solo Live

(Nonesuch/Warner)

PRO

Brad Mehldau – 10 Years Solo Live (Cover)Brad Mehldau überrascht mit einer konsequenten Besinnung aufs pianistische Kerngeschäft. Aus einer Dekade von Solokonzerten in Europa hat er auf vier CDs gut 300 Minuten destilliert, vier thematischen Oberbegriffen zugeordnet und einen grandiosen Beweis erbracht, warum er zu den wichtigsten Männern am Klavier dieser Tage gehört. Ebenso zupackend wie dünnhäutig, schwelgerisch wie kraftvoll insistierend schwingt sich das in imponierender improvisatorischer Emphase empor zwischen Dunkel und Hell, Moll und Dur, Rückblick, Positionsbestimmung und Vision, wenn es Themen einkreist und hinbreitet von Jeff Buckley bis Johannes Brahms, von den Beatles und Nirvana bis zu Thelonious Monk. Individuell aufgeladen, behält das durchweg Vitalität und Spannkraft, ohne sich im gängigen Jazzvokabular zu genügen. Großartig und durchweg überzeugend!
Ulrich Steinmetzger

KONTRA

Gute Güte, reicht es nicht, dass sich ohnehin alle Alben von Brad Mehldau gleich anhören? Niemand bestreitet, dass er ein virtuoser wie sensibler Pianist mit breitem Geschmack ist. Aber warum macht er so wenig daraus? Jetzt muss es also gleich eine Vierfach-Solo-Box mit einer Live-Retrospektive der letzten zehn Jahre sein. Ist ja schön, dass er neben Jazzstandards Songs von Jeff Buckley, Nirvana, Radiohead und Sufjan Stevens präsentiert. Nur zieht er sie dermaßen in seine eigene Welt, dass es Wurst ist, was er spielt. Gegen Individualismus ist nichts zu sagen, aber Mehldaus Romantizismus ist zu selbstgefällig, um den Originalen etwas Adäquates entgegenzusetzen. Dass er, um eine gehaltvolle Solo-Live-Platte zu machen, auf Material von zehn Jahren zurückgreifen muss, sagt genug. Aber da er sich in diesen zehn Jahren überhaupt nicht entwickelt hat, ist es am Ende auch wieder egal.
Wolf Kampmann

Text
Ulrich Steinmetzger, Wolf Kampmann
, Jazz thing 111

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