Clara Haberkamp Trio
You Sea!
(Laika/Rough Trade)
Clara Haberkamp spielt auf betörende Weise entrückt. Manches wirkt verstockt, anderes zerbrechlich, als würde sie ihr Inneres nach außen kehren. Die Mittzwanzigerin und Wahlberlinerin lässt sich sowohl am Klavier als auch als Sängerin auf eine Intensität ein, die nur wenig mit der Orientierungssuche zu tun hat, die den künstlerischen Prozess rund um die akademische Aneignung von Jazzkompetenzen üblicherweise prägt. Denn ‚You Sea‘ mit Bassgitarrist Dan Peter Sundland und Drummer Tilo Weber greift zwar irgendwie auch auf die Grundlagen des Triospiels zurück, geht aber zugleich weit darüber hinaus. Was da an der Oberfläche wie kammerjazziger Postromantizismus mit einer Prise porösen Stilbröckelns wirkt, ist im Kern ein Bekenntnis zur Unabhängigkeit, dem auch egal ist, aus welcher Traditionslinie kommen mag, was da erklingt. Haberkamp ist mit ihrer Musik bereits jetzt so weit draußen, wie andere nach Jahrzehnten nicht sein werden. Das ist ein radikaler Anspruch an sie selbst, aber auch ein Glück für die Hörer.