Dieter Ilg
Otello Live At Schloss Elmau
(ACT/edel Kultur)
Mal ehrlich: Gibt es einen perfekteren Ort für die konzertante Umsetzung von Dieter Ilgs ambitioniertem „Otello“-Trioprojekt als das malerisch in den bayerischen Alpen gelegene Schloss Elmau? Jeder, der dort schon einmal ein Konzert miterlebt hat, kann erahnen, welch inspirierende Wirkung der holzverkleidete Saal mit der superben Akustik für den Bassisten und seine kongenialen Partner Rainer Böhm (Piano) und Patrice Héral (Drums) hatte. Otello, das im wahrsten Wortsinn klassische Synonym für Drama, Leidenschaft und Metamorphose, beseelt Ilg schon seit Jugendjahren. Die auf seinem Fullfat-Label erschienene Studiofassung geriet 2010 zu einem Überraschungserfolg. Weil Verdis Oper einem ständigen Entwicklungsprozess unterliegt, schien es nicht nur Ilg reizvoll genug, die in vielen Konzerten gewonnene Vertrautheit der drei im Umgang mit dem Material nachzuzeichnen. Dabei entstand kein lauer Live-Aufguss, sondern ein zusätzliches Fenster vom Jazz zum Mysterium Klassik. Die bekannten Themen haben sich verändert, wirken spektakulärer, riskanter, akribischer ausformuliert. Darüber hinaus übertrug der Tieftöner fünf weitere Arien ins Idiom des Klaviertrios. Grenzüberschreitung wäre hier schlicht ein zu banales Wort. Ilg, Böhm und Héral stehen spätestens jetzt exemplarisch für eine neue Kultur des barrierelosen Musizierens.