Eddie Daniels
Heart Of Brazil
(Resonance/H'Art)
Egberto Gismonti ist ein eigener Kontinent. Die Kompositionen, die er in den 1970er- und ’80er-Jahren geschrieben hat und auf zahlreichen Alben, meist für ECM, selbst eingespielt hat, haben mit MPB oder Bossa nova wenig bis nichts zu tun, stattdessen verarbeitete Gismonti Einflüsse von Zwölftonmusik, archaischer brasilianischer Folklore, Mingus, Bartok und Strawinsky und baute sich, wenn die üblichen sechs Saiten einer Gitarre ihm nicht ausreichend erschienen, gerne mal Instrumente mit acht bis 14 Saiten. Zu Manfred Eichers bleibenden Verdiensten gehört, dieses Genie früh erkannt und ihm ein Forum gegeben zu haben. Einspielungen anderer Musiker von Gismontis Musik sind rar, denn „wer möchte schon einen Picasso ein zweites Mal malen“, wie es George Klabin, der Produzent dieser CD, ausdrückt. Der Klarinettist Eddie Daniels, selbst eine lebende Legende und eines der wenigen erklärten Vorbilder von Rolf Kühn, hat es zu Gismontis 70. Geburtstag im vergangenen Jahr versucht – und auf ganzer Linie gewonnen. Gleich vier Arrangeure haben sich an die hakelige Aufgabe gemacht, Gismontis Musik einen neuen Rahmen zu geben und dennoch „true to the Originals“ zu sein, und ein Jazzquartett plus Streichquartett hat diese Arrangements dann eingespielt. Gismonti war begeistert und gerührt (das Booklet enthält ein ausführliches Interview mit ihm, auch zu der Tatsache, dass er seit zehn Jahren kaum noch etwas aufnimmt) und jeder Hörer, dem diese fantastische Musik zu Ohren kommt, wird es auch sein.