Erik Truffaz
Rollin'
(Blue Note/Universal)
PRO
Erik Truffaz macht Kinojazz. Wie sein Vorbild Miles Davis lässt er Bilder über die Ohren ins Bewusstsein laufen. Bei der Vertonung von Blockbustern schwebt die Gefahr des Epigonentums oder der Imitation wie ein Damoklesschwert über allem. Aber dem französischen Trompeter gelingt der Spagat, auch wenn er in puncto Klangästhetik Richtung Nils Petter Molvær driftet. Truffaz schafft es, Spannung und Melancholie großer Filme wie „La Strada“, „The Persuaders“ und natürlich „Fahrstuhl zum Schafott“ als akustisch-elektronisches Remake aufzubereiten. Der 62-Jährige zehrt aus seinem Erfahrungsschatz, denn die Kinoklassiker kennen heute nur noch wenige. Aber über die Musik zu „César Et Rosalie“ oder das Thema von „Fantomas“ könnten sich Jüngere wieder für die Nouvelle Vague interessieren.
Reinhard Köchl
KONTRA
Mit Melodien von Nino Rota, John Barry, Ennio Morricone, Philippe Sarde oder Miles Davis aus alten Filmen und TV-Serien kann man nichts falsch machen. Das Grundmaterial der Stücke ist stärker als jede Interpretation. Das mag sich auch Trompeter Erik Truffaz gedacht haben, als er sich an diese Klassiker wagte. Und richtig, die Stücke bannen uns in den Sessel und lassen uns staunen. Aber nicht weil, sondern obwohl sie Truffaz aufgreift. Die Vermittlung der Stücke erfolgt nicht über die halbherzig eingespielte CD, sondern unmittelbar über die Erinnerung an die Originale. Truffaz‘ Versionen klingen wie ein banaler Verweis einer Illustrierten auf eine große Epoche der Filmmusik, die keiner Übersetzung bedarf, es sei denn, man vermag ihr etwas Neues abzugewinnen. Doch genau das tut Herr Truffaz auf „Rollin‘“ nicht.
Wolf Kampmann