ESPEXP
Flora & Fauna
(enja/edel Kultur)
Der Bogen, den Azhar Kamal im normalen Berufsleben spannt, ist unendlich weit. In London kollaborierte der pakistanische Gitarrist, Komponist und Produzent noch mit Jamiroquai, Bobby Womack und Roachford, in seiner aktuellen Wahlheimat München arbeitet er mit und für Roberto Di Gioias Marsmobil, Milva, Gitte Haenning, Willy Astor, die Münchner Kammerspiele und das Fernsehen. Logisch, dass einem in einem derartigen Genre-Karussell irgendwann mal der Schädel platzt. Insofern darf man ESPEXP (sprich: Es-Pex-Pii) ruhig als das bewerten, was es ist: eine Art Therapie. Der Gitarrist lässt sich mit seinen Freunden Goetz Gruenberg (Saxofone), Sava Medan (Kontrabass) und Bastian Jütte (Drums) in einen Raum ohne Wände, Boden und Decke trudeln. Endlich mal nur drauflos gniedeln, ohne Auftrag und Ziel, aber dafür mit jeder Menge Herz und Adrenalin! Das Motto der vogelfreien Session könnte kräftig in die Irre führen: „Flora & Fauna“ hat wenig mit flauschig-esoterischen Naturweisen gemein. Stattdessen gönnen sich Kamal und Co. einfach den Spaß, etwas auszuprobieren. Sie vermengen die improvisatorische Tradition des Jazz mit einer Prise Neuer Musik, einem Jota Pop und einem kräftigen Schuss Fusion. Laborarbeit im Quartett, durchaus stimulierend, mitunter sogar hörenswert. Balsam für die gepeinigte Musikerseele, aber auch für konditionierte Ohren.
Danke für die Blumen,
nur ist die therapeutische Konnotation des Rezensenten leider eine Missdeutung. ESPEXP ist eher eines meiner Steckenpferde, das sich mit der harmonischen Improvisation beschäftigt, i.e ich versuche on the spot Harmonien zu erfinden, zu denen meine Mitmusiker ohne vorherige Information reagieren. Ich reagiere wiederum auf deren Reaktionen. Eine ständiger, osmotischer Prozess. Viele Grüße,
Azhar N Kamal