Gansch & Breinschmid
Live
(Preiser Records/Naxos)
Wer Jazz nach wie vor als Heilige Kuh betrachtet, der kann die Lektüre dieses Textes an dieser Stelle eigentlich beenden. Wer sich allerdings gern unterhalten lässt, aber auf einen gewissen künstlerischen Anspruch nicht verzichten möchte, für den liefern die Österreicher Thomas Gansch (Trompete) und Georg Breinschmid (Bass) nun die perfekte Lösung. Vorausgesetzt, man findet sich in ihrem Wiener Dialektgewirr, in der morbiden, schrulligen Gedankenwelt der Hauptstadt der Melancholie zurecht. Die beiden Faktotums, die schon mit „Brein’s World“ einen Geheimtipp landeten, demonstrieren live im Wiener Konzerthaus, wie man eine an sich schwer verdauliche Ware zum Sucht fördernden Genussmittel erheben und ein Duo zum Orchester mutieren lassen kann. Sie schänden und veredeln munter Charlie Parker und Johann Strauß („Unter Donner und Lee“), nehmen mit subtilem Spott die elitäre Konkurrenz („Klassik Gstanzln“) oder mit beißender Selbstironie auch die eigene, larmoyante Zunft („Herbert Schnitzler“) auf die Hörner. In „Der Tod“ gelingt Gansch und Breinschmid gar das Kunststück, mit einem beinharten Thema die ganze Halle zum Toben zu bringen. Wie ihre „Schlager für Fortgeschrittene“ generell an den schonungslosen Zynismus eines Helmut Qualtinger erinnern. Dazwischen, darunter, davor und darüber fetzt, groovt, wuselt, schnalzt, schnauft und swingt es einfach genial. Bumtschakabum!