Gianmaria Testa
Vitamia
(Le Chant Du Monde/Harmonia Mundi)
Fünf Jahre hat Gianmaria Testa sich für sein neues Studio-Album Zeit gelassen. Und wieder einmal geht der neben Paolo Conte berühmteste Musiker aus dem Piemont musikalisch neue Wege. Hatte er für das Konzeptalbum „Da Questa Parte Del Mare“ mit Jazz geflirtet und unter anderen Paolo Fresu sowie Bill Frisell zu den Aufnahmen eingeladen, so dominiert nun die ganze Palette elektrischer und akustischer Gitarrensounds in seinem Repertoire, passend zu den Emotionen, mit denen er sich auseinandersetzt. Ein zärtliches Lied für den jüngsten Sohn, von sanften Gitarrenlinien umrankt, eine melancholische Ballade über das Älterwerden, luftig skizzierte Liebeslieder. Bei anderen Songs lässt Testa es rocken und die Riffs in dem Trennungslied „Lasciami Andare“ klingen sogar ganz nach Gianna Nanini. Auch anderswo spielt er mit der Spannung von smoother Reibeisenstimme und verzerrter Gitarre: In „Cordiali Saluti“ etwa geißelt er den zynisch-höflichen Ton, mit dem Leute aus ihrem Job entlassen werden, und fährt dabei Wah-Wah-Krach auf, an anderer Stelle kramt er in der experimentellen Kiste der „Industrial Wave“. Und am Schluss kokettiert der Ex-Bahnhofsvorsteher liebevoll mit der Folklore Italiens, fröhlich in einen kleinen Gitarrenmarsch umgesetzt.