Helmut Brandt Combo
Berlin Calling
(Sonorama/Groove Attack)
Wenn eine Kompilation von zehn bislang unveröffentlichten Einspielungen aus dem Nachlass des 2001 verstorbenen Helmut Brandt erscheint, ist das keineswegs bloß ein Fall für Raritätenjäger und Nostalgiker. Brandt, den man in erster Linie mit den Jazzorchester- Formationen des RIAS verbindet, denen er als Arrangeur und Saxofonist von 1959 bis 1997 angehörte, leitete nach dem Krieg eine der visionärsten und kühnsten Jazzbands auf deutschem Boden. Davon legt „Berlin Calling“, das Aufnahmen von Brandt-Originals und Standard-Bearbeitungen aus den Jahren 1956 bis 1958 versammelt, ein eindrucksvolles Zeugnis ab. Die an Miles‘ Capitol Orchestra angelehnten und stellenweise mit der zeitgenössischen Avantgarde liebäugelnden Arrangements sowie Brandts überragende Technik auf dem Baritonsaxofon haben nichts von ihrem Glanz eingebüßt. Und mit der Gabe, zwei Bläser so klingen zu lassen, als wären es mindestens sechs, wäre der viel zu wenig gewürdigte Großmeister des deutschen Nachkriegsjazz in den heutigen Zeiten des Dauer-Sparzwangs gefragter denn je.