Ibrahim Maalouf
Wind
(M'ster/Harmonia Mundi)
Miles Davis hatte alle Freiheiten, als Louis Malle ihn ins Studio einlud, um „Fahrstuhl zum Schafott“ aufzunehmen. Ibrahim Maalouf ging es ganz ähnlich, denn die einzige Vorgabe der Cinémathèque Française bestand darin, dass er einen Stummfilm aus ihrem Bestand mit Musik versehen sollte. Der exil-libanesische Trompeter wählte „La Proie du Vent“ (1927) von René Clair, ein Film über einen Piloten, der wegen eines Sturms bei einem Schloss notlandet, in dessen Hausherrin er sich schnell und mit fatalen Folgen verliebt. Maalouf suchte sich mit Saxofonist Mark Turner, Pianist Frank Woeste, Bassist Larry Grenadier und Drummer Clarence Penn ein Dreamteam zusammen, mit dem er seine Hommage an das Genre zum einen und das große Vorbild Miles Davis zum anderen verwirklichte. Heraus kam ein Album, so cool wie damals und zugleich ungemein präsent, balladenhaft in der Grundstimmung und ein wenig orientalesk in der Linienführung, die durch Maaloufs Vierteltontrompete ungewöhnlichen Wendungen folgt. „Wind“ wird damit zu einem Album, das auf angenehme Art wie aus der Zeit gefallen klingt, ein Meisterstück des auratischen Understatements.