Julia Werup
Dear Frances
(Stunt/in-akustik)
Jazz muss nicht immer akustisch sein, auch die konventionellen Besetzungsformen sind alles andere als in Stein gemeißelt. Und wahrscheinlich haben die PR-Strategen von Julia Werup sogar recht, wenn sie die Stimme der schwedischen Sängerin und Dichterin mit dem Harmondämpfer von Miles Davis vergleichen. Denn der innovativste Jazzmusiker der Geschichte schätzte den gezielten Normenbruch. Bei Werup sprach jeder 2020 nach der Veröffentlichung von „The Thrill Of Loving You“ von ihrem „offiziellen“ Debüt als Jazzsängerin. Warum? Nur weil sie mit Standards reüssierte? Jetzt hat die 36-Jährige zusammen mit Ehemann und Produzent Thomas Blachmann selbst Songs geschrieben, die längst die alte Düsterkeit abgeschüttelt haben und den Terminus „Jazz“ grundsätzlich infrage stellen. Das Material pendelt elegant zwischen experimentellem Pop und einer unverkennbar trotzigen improvisatorischen Freiheit, ist immer noch ziemlich spärlich instrumentiert, mehr Gegenwarts- als Fifties-Cool und entzieht sich radikal jeder Kategorisierung. Im Mittelpunkt steht einzig Julia Werups Stimme. Das reicht und ist spektakulär genug.