Kalnein/Lopéz/Schwarz
A Night In Vienna
(Natango/Galileo MC)
Vielleicht gelingt Musik wie diese wirklich nur, wenn der Rucksack an Erfahrungen, den man mit sich herumträgt, groß genug ist. Heinrich von Kalnein, der deutsche Saxofonist, der seit Jahrzehnten in Österreich künstlerisches Asyl genießt, machte um Saxofontrios immer einen weiten Bogen. Zu viele große Namen, zu viel verbrannte Erde. Bis der 61-Jährige die Wiener Bassistin Gina Schwarz und den Drummer Ramón Lopéz kennenlernte. Für stimmige Konstellationen wie diese verwenden alte Hasen gerne den Terminus „organisch entwickelte Musik“. Aber was soll man auch groß herumtheoretisieren, wenn es einfach passt? Jeder der drei versteht sich als gleichberechtigter Teil des Ganzen, Saxofonist, Bassistin und Drummer lustwandeln entweder gemeinsam, alleine oder in verschiedenen Duokonstellationen. Mitunter bewegen sich alle auf völlig verschiedenen rhythmischen Ebenen, driften aber nie auseinander. Zusätzlich aufregend: Kalnein setzt die komplette Saxofonfamilie von Soprano bis Bariton ein. Nicht nur deshalb ist die Aufnahme aus dem menschenleeren Porgy & Bess in Wien vom Januar 2021 ein wunderbares Exempel für die Kraft kollektiver Kreativität.