Kaos Protokoll
Questclamationmarks
(Prolog/Godbrain Distribution)
Es muss irgendetwas in der Bergluft sein, weshalb Schweizer Combos häufig irgendwie anders, verreist, verrückt klingen. Punk-Jazz, heißt es, spiele das Kaos Protokoll, was natürlich Unsinn ist. Denn das Trio des Saxofonisten Marc Stucki, des Bassisten Benedikt Wieland und des Drummers Flo Reichle ist weit entfernt vom provokativen Dilletantismus der Dreiakkord-Logik, der ja vor allem Widerstand und Hilfeschrei war. „Questclamationmarks“ ist bis ins Detail durchdachte Musik, mit viel Nachdruck und Freiraum gespielt, aber ebenso ausgetüftelt gestaltet. Immerhin hat Django Bates als Produzent mitgeholfen, seines Zeichens einer der ästhetisch anspruchsvollsten Musiker des Gegenwartsjazz überhaupt. Kaos Protokoll nützt die Kombination aus „Master Mind“ im Hintergrund und Ideenfülle auf der eigenen Seite, um für sein zweites Album eine knappe Stunde ebenso assoziativ wie sukzessiv wirkende Musik zu entwickeln, die sich von Prog-rockigem, Hipsterrhythmischem und elektronisch Soundbastlerischem ebenso wie von frei Jazzigem und Pulsierendem inspirieren lässt. Der Unterschied zu energischen Combos von früher ist dabei die Haltung, intellektuell Durchdrungenes mit der Chuzpe des Lümmelhaften, Lauten zu präsentieren. Wahrscheinlich hat ihnen das zum Etikett „Punk-Jazz“ verholfen.