Kenny Barron Trio
Book Of Intuition
(Impulse!/Universal)
PRO
Kenny Barron macht ein Album, das man sich seit Langem von Ahmad Jamal gewünscht hätte. Ungerecht? Nein, ein Kompliment. Denn „Book Of Intuition“ ist Trio-Jazz in Vollendung, und der Meister der eloquenten Eleganz schafft es, die Distanziertheit von früher hinter sich zu lassen. Barron spielt immer noch viel, aber die Läufe perlen mit freundlicher Intensität, mit erfahrener Lässigkeit, geradezu vorbildlich in der Balance von raffinierter Harmonisierung, melodischer Feinheit und moderater Modernität, was eben auch Jamal konnte. Kiyoshi Kitagawa und Johnathan Blake stehen ihm mit Bass und Schlagzeug souverän kommentierend und profund swingend zur Seite. Das Repertoire pendelt zwischen einer Prise Monk und eigenen Liedern, der Sound ist gepflegt direkt. Das ganze Album strahlt einen gestalterischen Überblick aus, wie ihn nur die wirklich Großen haben.
Ralf Dombrowski
KONTRA
Es gibt geschützte Tiere und Pflanzen, Landschaften und Bauwerke, Minderheiten und Dialekte. Doch wann wird endlich der Schutz des Wortes eingeführt? Zum Beispiel Intuition, ein im Jazz geradezu inflationär ge- und noch viel öfter missbrauchter Begriff. Buch der Intuition nennt Kenny Barron seine neue CD, die so belanglos dahinplätschert, wie es nur irgend geht. Das Buch wollen wir ihm durchgehen lassen, denn er hält sich penibel an die Buchstaben des Jazzregelwerks. Aber Intuition? Die lässt sich aus diesem Manifest der Langeweile schwerlich destillieren. Barron ist alt, das könne man von ihm auch nicht mehr erwarten, höre ich allenthalben. Na und? Oscar Pettiford hat schon vor über einem halben Jahrhundert eine Altersobergrenze für Jazzmusiker von 40 Jahren gefordert. Wenn wir Kenny Barrons Auslegung von Intuition folgen, wissen wir, warum.
Wolf Kampmann