Lage Lund

Most Peculiar

(Criss Cross/Harmonia Mundi)

Lage Lund – Most Peculiar (Cover)Welche Auswirkungen die Coronalockdowns hatten, kristallisiert sich erst ganz allmählich heraus. Neben der materiellen Durststrecke hatten vor allem Musiker mit einer nie zuvor gekannten Leere und Orientierungslosigkeit zu kämpfen. Der Gitarrist Lage Lund zog sich in seine norwegische Heimat zurück und entwickelte mit seiner Frau einen Lehrplan für die beiden Töchter, die nicht zur Schule durften. An einem Tag ging es um Elefanten, am anderen um das alte Ägypten, die Steinzeit, um Bäume oder Pferde. Als tägliches Ritual schrieb Lund dazu eine Melodie – um am Abend das Gefühl verscheucht zu haben, tatenlos gewesen zu sein. Dass er die kurzen, meist in AABA-Struktur zwischen acht und 16 Takten komponierten Formen jetzt mit seiner alten Band um den Pianisten Sullivan Fortner, Drummer Tyshawn Sorey und Bassist Matt Brewer aufnahm, ist ein Glücksfall. Die vier nutzen das Material, um eine kollektive Spielfreude zu kreieren, die trotz all der hinreißenden Soli in dieser dichten und dennoch luftigen Form ganz selten entsteht. Diese Art des Musizierens lehrt einen, das Momentum wertzuschätzen. Es könnten ja auch wieder andere Zeiten kommen.

Text
Reinhard Köchl
, Jazz thing 152

Veröffentlicht am unter Reviews

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