Lars Duppler
Rætour
(Ear Treat Music/edel Kultur)
Rein äußerlich ein Paradigmenwechsel. „Rætour“ wirkt dunkel, direkt, druckvoll. Fast wäre man verleitet, das Discount-Adverb „nordisch“ hinzuzufügen. Bei Lars Dupplers Herkunft (die Mutter Isländerin, der Vater Deutscher) fast unvermeidlich. Der Moog knarzt, das Fender Rhodes brettert, die Drums schieben, der E-Bass treibt, die E-Gitarre tost und die Neunmalklugen postulieren: Irgendwann musste er ja eine solche CD machen. Wenn sie sich da mal nicht täuschen! Der Leib- und Magenpianist von Nils Wülker, Tom Gaebel und Inga Lühning zollt zwar durchaus seinen Wurzeln Tribut, aber in erster Linie den musikalischen. Nach seinem poppig-mainstreamigen „Alliance Urbaine“ frönt der 35-Jährige nun mit neuer elektrischer Band seiner alt-neuen Leidenschaft für die Melange von Jazz und Rock. Da tauchen Einflüsse aus den 1970er-Jahren auf, vom Mahavishnu Orchestra, von Weather Report, Steely Dan, Miles Davis, den Headhunters oder Led Zeppelin; knackig, rhythmisch prägnant, markant melodiös und anregend improvisiert. Dass es sich um isländische Lieder vom 17. Jahrhundert bis zu Björk handelt, scheint eher Mittel zum Zweck. Denn auf der Vulkaninsel gibt es längst keine schwebenden Sounds, keine Trolle oder Elfen mehr. In und um Reykjavik tanzt vielmehr der Bär; rockig, elegisch, intensiv. Dank Lars Duppler sind wir mitten drin.