Marc Ribot

Silent Movies

(Pi Recording/Al!ve)

Marc Ribot - Silent MoviesWas für Stummfilme könnte Marc Ribot nur gemeint haben? „Solaris“ muss eigentlich tief unter Tage spielen, „Requiem For A Revolution“ in einer Halle ohne Fenster, „Bateau“ in der sengenden Wüste kurz vor der Dehydrierung, „Flicker“ in einem Ameisenhaufen, „Postcard From N. Y.“ auf einer Raumstation und „Fat Man Blues“ auf einem schmuddeligen Herrenklo, weil einem bei jedem gepickten Ton ein beißender Geruch in die Nase fährt. Zu Zeiten, als die Bilder laufen lernten, besaß die Musik noch die Funktion eines Sprachrohrs. Ribot selbst spürte im Januar 2010 beim New York Guitar Festival, als er den Auftrag erhielt, Charlie Chaplins „The Kid“ zu vertonen, wie schwierig und zugleich faszinierend es sein kann, einem Film ohne Worte eine stimmige Aussage zu verleihen. Manche der schroffen, archaischen, gleichwohl behutsam und ohne instrumentales Beiwerk eingespielten Songs dienten ursprünglich tatsächlich als Soundtracks, andere wiederum plante der Gitarrist zunächst als Filmmusik, verwarf diesen Gedanken jedoch wieder. Und dann gibt es noch einige akustische Skulpturen, die nie seinen Kopf verließen. Eigentlich hätte er die CD am liebsten „Blind Movies“ genannt, schreibt Ribot in den Liner Notes, was aber nicht so einprägsam gewesen wäre. Schade. In Wirklichkeit sind es tatsächlich 13 imaginäre Filme, die bei geschlossenen Augen am besten funktionieren.

Text
Reinhard Köchl
, Jazz thing 87

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Deutscher Jazzpreis 2025

Marc Ribot – Silent Movies

Marc Ribot - Silent Movies

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