Mareike Wiening
Reveal
(Greenleaf/H'Art)
Es braucht schon einiges, um momentan nicht die Zuversicht zu verlieren: Klimawandel, Kriege, Rezession; bei Mareike Wiening kamen noch ein privater Schicksalsschlag und das, was sie „gesellschaftlichen Druck, sesshaft zu werden und eine Familie zu gründen“, nennt, dazu. Wer so etwas dauerhaft mit sich herumschleppt, bei dem ist düstere Musik eigentlich die logische Konsequenz. Die Schlagzeugerin, die seit ihrer Rückkehr aus New York in Köln lebt, entschied sich jedoch für das Gegenteil. Ihr drittes Album mit ihrer feinen Workingband um den Tenorsaxofonisten Rich Perry – auf drei Stücken trompetet auch ihr Mentor Dave Douglas mit – spürt bewusst der Wärme, der Kraft und dem Optimismus nach, die kollektives Musizieren entfesseln können. Spätestens mit „Reveal“ sollten aber auch alle Wiening als eine der talentiertesten Komponistinnen und Soundarchitektinnen der Gegenwart zur Kenntnis nehmen. Die Frau will nie mit billigen Tricks am Drumset gefallen. Ihr Interesse liegt darin, die Stücke mit der Finesse einer Bildhauerin zu formen und alle anderen in der Band gut klingen zu lassen. Fähigkeiten, die in Zeiten wie diesen ein rares Gut geworden sind.