Maria Baptist
Piano Solo – Self Portrait
(Baptist Music/Soulfood)
Die Musik wirkt gehetzt. Offenbar war niemand mit Maria Baptist im Studio, der der Pianistin die Hand auf die Schulter gelegt und gesagt hätte: Lass dir Zeit! Es ist gut so! Und so gibt die ursprünglich aus Ostberlin stammende, seit Langem aber New York bevorzugende Pianistin Gas, unruhig in der linken Hand, ein bisschen überdreht in der rechten. Oft sind es ausladende Arpeggien und ostinate Motive, die auf brandende Akkorde und strömende Linien treffen, zumeist einen Tick zu schnell, damit sie ihre volle Brillanz entfalten können. „Self Portrait“ sei eine Widmung an die große Stadt am Hudson River, heißt es im Booklet, und so ist die grundlegende Klangatmosphäre des akustisch gespiegelten, wild Urbanen verständlich. Auf der anderen Seite reicht die Inspiration aber nicht so weit, dass Baptist aus ihrem harmonisch sehr klassischen System herausfindet, obwohl sie stellenweise durch schrille Eruptionen Expressivitätsakzente setzt. Das musikalische Selbstporträt in zwölf Kapiteln ist daher eher ein Skizzenbuch als eine durchgehende Erzählung, ein Programm, das wenig Nebenwege wählt.
Also ich weiß nicht, was diese ambitiös ausformulierte Kritik eigentlich ausdrücken will! Wird hier der Musikerin vorgeworfen, dass sie die Art Musik macht, die sie macht??
Mir und vielen Freunden (bis hin nach Japan, dem Land der großen Aki Takase) gefallen diese vibrierenden, durch und durch spannenden neuen Aufnahmen von Maria Baptist sehr gut. Wem das zu „unruhig“, zu „wild“ oder zu „schrill“ ist, der soll eben andere Musik hören. Für mich jedenfalls ist das stimmig, mitreißend, beglückend!
E. Heinze