Paul Bley
Play Blue. Oslo Concert
(ECM/Universal)
Seine ersten Aufnahmen für das Soloklavier veröffentlichte Paul Bley 1972 bei ECM, damals konnte er bereits auf eine fast 20 Jahre währende Werkschau zurückblicken. Mit dem Album „Play Blue“, dessen Titel als Komposition bei Trio-Alben der 1970er zu finden ist, demonstriert der Kanadier nun eine Generation später, dass seine klangbesessene Weitsicht nichts an Aktualität eingebüßt hat. Auch in dem Solokonzert vom Oslo Jazz Festival 2008, aufgenommen von Manfred Eicher und Jan Erik Kongshaug, offenbart der damals 76-jährige Pianist seine unermessliche Abenteuerlust. Er erfindet aus dem Moment heraus, improvisiert frei von Metren, öffnet zugleich immer wieder den Zugang zu den Wurzeln und vergnügt sich in Bluesstrukturen, lotet die fragile Stille aus, lässt ein Stück leise ausklingen. Gelegentlich schaut er auf die eigene musikalische Biografie zurück, indem er alte Kompositionen wie das fast balladeske „Flame“ oder die romantische Melancholie von „Longer“ neu aufgreift, sich dabei zum Teil ganz werktreu zitiert, spannende Wendungen vornimmt und auch hier wieder den Traditionen des Jazz Referenz erweist. Da kommt die vom Publikum stürmisch geforderte Zugabe wie gerufen: ein kurzweiliger Gruß an Sonny Rollins, mit einem geradezu klassisch donnernden Schlussakkord.