Pieranunzi / Johnson / Baron
Hindsight
(CamJazz/Harmonia Mundi)
Man muss den abgedroschenen Superlativ tatsächlich wieder aus der Mottenkiste holen: Hier agiert eine Supergruppe, vielleicht eine der letzten des Jazz! Mit dem römischen Piano-Zenturio Enrico Pieranunzi, dessen kreativer Output langsam die Dimension von Michelangelo annimmt, dem Bill-Evans-Weggefährten Marc Johnson am Bass und Joey Baron, dem musikalischsten Drummer der Gegenwart, trafen sich im Dezember 2019 in Boulogne-Billancourt bei Paris drei, die sich schon seit 40 Jahren schätzen. Man spürt dies schon nach wenigen Takten des Opener „Je Ne Sais Quoi“. Dabei gelingt es ihnen erstaunlicherweise schon wieder, der längst totgesagten Kunst des Piano-trios einen Neustart zu verpassen. Pieranunzi, Johnson und Baron vermieden weitgehend das branchenübliche Broadway-Songbook und interpretierten die Eigenkompositionen des Italieners, die neben Jazz auch sein Wissen über klassische, barocke Formen oder Folklore beinhalten. Geschickt umgingen sie an diesem Abend der Versuchung des instrumentalen Posings und kredenzten eine Performance, die vor Spielfreude und frischen Ideen nur so überlief. Zeitlos!