Ravi Coltrane

Spirit Fiction

(Blue Note/EMI)

Ravi Coltrane - Spirit FictionWer bei ihm immer noch eine gewisse Nähe zum Spiel des berühmten Vaters heraushört, ist ein hoffnungsloser Traumtänzer, der an Wiederauferstehung glaubt. Ravi Coltrane klang trotz seines Gen-Codes schon immer wie er selbst: ein ambitionierter, interessanter, aber nach wie vor suchender Tenor- und Sopransaxofonist. Dass er jetzt bei Blue Note landet, jenem Label, für das Papa John 1957 den Meilenstein „Blue Train“ einspielte, bleibt ein Zufall, wenn auch ein verheißungsvoller. Dort helfen ihm nämlich sein Mentor Joe Lovano als Co-Produzent sowie Boss Bruce Lundvall, eine weitere Stufe seiner Entwicklung zu nehmen. Ein Teil von „Spirit Fiction“ entstand mit Ravis alter Band um den Pianisten Luis Perdomo, Drew Gress (Bass) und E. J. Strickland (Drums). Dass die andere Hälfte des Albums eindeutig die bessere ist, liegt an Trompeter Ralph Alessi, der Pianistin Geri Allen, James Genus (Bass) und Eric Harland (Drums), mit denen der heute 46-Jährige schon sein hoch gelobtes „From The Round Box“ (2000) einspielte. Das Quintett agiert aus dem Bauch heraus, lässt der organischen Entwicklung der Musik freien Lauf, während das Quartett mehr auf Konstruktionen und musikalisches Sudoku setzt. In relaxter Atmosphäre blüht der junge Coltrane spürbar auf, konstruiert Linien voller poetischer Kraft und konzeptioneller Klarheit, die man so von ihm kaum erwartet hätte. Eindeutig der richtige Weg.

Text
Reinhard Köchl
, Jazz thing 95

Veröffentlicht am unter Reviews

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