Slavin / Eldh / Lillinger
Starlight
(Unit/Harmonia Mundi)
Immer wieder wird geredet von Berlin als Hauptstadt der Improvisation, zum Glück nicht nur in Bezug auf Flughäfen und Wohnungsknappheit. Diese CD ist ein Musterbeispiel für die Vitalität einer immer wieder und immer noch jungen hauptstädtischen Jazzszene, die in Bewegung ist, raus aus experimenteller Hermetik und hin zu einer Offenheit, die diverse Elemente integriert, die aus der musikalischen und sonstigen Sozialisation der Beteiligten Essenzen destilliert und diese unverkrampft und überlegt-überlegen zusammenbringt. Das Trio mit Saxofonist Wanja Slavin, dem aus Schweden zugezogenen Bassisten Petter Eldh und Schlagzeuger Christian Lillinger bildet da, um einen der zwölf Stücktitel zu zitieren, eine „Achse des Guten“. Sowieso ist jeder gut ausgebildet und ein stupender Könner auf seinem Instrument. Was diese CD aber besonders macht, ist die Relevanz eines eigenen Klangs, der hier gefunden wird und undogmatisch herausführt aus der Eindimensionalität eines festen Formenkanons. Die Besetzung ist durchaus klassisch, auch die Formen intensiver Interaktion erinnern an Klassiker des Genres. Und doch liegt als elastischer Grund unter allem ein Groove, der seine Herkunft aus HipHop und Pop nicht verschweigt. Wieder ist das eine Feierdreiviertelstunde für Lillinger, der aktuell einen Geniestreich nach dem anderen losschickt. Erneut erweist sich Eldh als felsenfeste Basis, von der aus Slavin seine gleichermaßen durchdachten wie spontanen Ideenflüge losschicken kann. Wiewohl in zahlreichen Berliner Kontexten aktiv, inflationiert er sich nicht mit eigenen Aufnahmen. Umso präziser und plausibler sind hier seine im Offenen angesiedelten Ideen. Die kommen ohne Ironie aus, ohne Kraftmeierei und epigonal sind sie auch nicht. Eng verzahnt, mal hymnisch, mal explosiv losgehend und spaßvoll wird hier zur Sache gegangen. Keiner muss als Solist blenden, der unverkrampfte Gruppenklang zählt.