The Bad Plus
Complex Emotions
(Mack Avenue/in-akustik)
PRO
Die 2024er-Version von The Bad Plus hat mit der Gründungsvariante so gut wie nichts mehr zu tun. Irgendwann waren die Urmitglieder Dave King und Reid Anderson des ganzen Hypes um ihr früher so innovatives Pianotrio überdrüssig und heuerten mit dem Saxofonisten Chris Speed und dem Gitarristen Ben Monder zwei neue Klangfarben an. Mit ihrem mittlerweile zweiten Album nach dem Relaunch gehen The Bad Plus noch einen Schritt weiter, wagen mehr und versuchen, komplexen Emotionen eine Stimme zu verleihen. Und so klingt das aktuelle Bad-Plus-Modell auch: rockig, verloren, brodelnd, ruhig und zu jeder Sekunde voller Melodien. Um Monders schwebende Ambient-Teppiche zu verfeinern, streut Bassist Anderson erstmals den Sound eines Synthesizers ein. Wieder so ein Abenteuer. Aber der Song bleibt oberstes Ziel – genau wie früher.
Reinhard Köchl
KONTRA
Auch als Quartett ohne Pianisten sind The Bad Plus zweifellos klasse. Dass die Urmitglieder Dave King (Drums) und Reid Anderson (Bass) seit fast zweieinhalb Jahrzehnten zusammenspielen, hört man auch auf „Complex Emotions“ – und natürlich, dass der Gitarrist Ben Monder und der Saxofonist Chris Speed Solisten von internationalem Rang sind, auch das ist in jedem Stück des neuen Albums in nicht mehr ganz so neuer Besetzung deutlich zu hören. Umso mehr ist es nicht mehr nachvollziehbar, warum King und Anderson nicht endlich einen Schnitt machen und The Bad Plus ad acta legen. Denn dieses Quartett hat weder ästhetisch noch stilistisch etwas gemein mit dem ruppigen und oftmals so subversiven Modern Jazz vergangener Tage mit Ethan Iverson am Flügel. So ist es Augenwischerei, mit der The Bad Plus weder sich noch den Hörer/-innen einen Gefallen tun.
Martin Laurentius