Yannick Delez
Live/Monotypes
(Unit Records/Harmonia Mundi)
Hören wir hier den Keith Jarrett einer neuen Generation? „Live/Monotypes“ ist das bisher ambitionierteste Werk des 45-jährigen Pianisten Yannick Delez – zwei Stunden Soloklavier. Auf CD 1 („Live“, 2013) gibt der Schweizer den modernen Romantiker, der sein Spiel ästhetizistisch ausstaffiert, Zauberstimmungen einfängt, harmonische Felder erkundet, seinen Klangkosmos zum Pulsieren bringt, die emotionale Palette zückt und die Rhythmen tanzen lässt. Hier steckt alles drin: Impressionismus, Polyfonie, Jazz – aber kein bisschen Trivialität. Auf CD 2 („Monotypes“, 2015) begegnet uns mehr der sachliche Strukturforscher Delez. Unter den 18 Stücken sind dichte Improvisationsetüden, kleine Wunderwerke der Kontrapunktik, dann aber auch schweifende Erkundungen wie eine Sarabande von Bach, die unter Delez‘ Fingern auf vierfache Länge anwächst. Vielfältiger als mit diesem Doppelalbum kann man sein pianistisches Genie kaum demonstrieren. Nicht nur wegen des Umfangs: ein gewaltiges, ein Großwerk.